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Ostthüringer Zeitung: Abschied vom Casino Kommentar zur Finanzkrise

Geschrieben am 20-03-2009

Gera (ots) - Von Detlef Fechtner
Europas Regierungschefs wollen dafür sorgen, dass sich die
Finanzkrise nie wiederholt. Das ist ein guter Vorsatz. Aber es gibt
erhebliche Zweifel, ob das Vorhaben gelingt. Und ob es die
Regierungen überhaupt ernst meinen. Ist es denn nicht letztlich so,
dass die Regierungen die Spielhöllen des Kapitalismus lediglich
vorübergehend schließen, nachdem die Bank gesprengt wurde um die
Kasinos wenig später in renovierter Form wieder zu eröffnen?
Die Antwort lautet: Nein. Zumindest in der aktuellen Krise wäre es
ungerechtfertigt, den Regierungen vorzuhalten, sie würden alles beim
alten lassen. Das Maßnahmenpaket, für das sich die EU-Staaten
gemeinsam stark machen, ist viel mehr als nur kosmetische Korrektur.
Natürlich will die EU auch künftig zulassen, dass Banken und
Investoren Risiken eingehen. Das ist schließlich ihre Aufgabe. Die
von der EU vorgeschlagenen Regeln können jedoch die Gefahr
minimieren, dass sich einzelne Risiken zu systemischen Problemen
auswachsen. Weil die Regeln endlich Managerboni für plumpe
Waghalsigkeit ebenso verbieten wie dubiose Tochterfirmen außerhalb
der Bilanz oder Ratingagenturen, die ihren Kunden Tricks verkaufen,
wie sie sich eine Bestnote erschleichen können.
Die geplanten Regeln sind also sinn- und wirkungsvoll zugleich.
Allerdings werden sie nicht ausreichen. Erstens, weil sie im Verlauf
der Verhandlungen mit Amerikanern, Chinesen und anderen verwässert
und gestutzt werden. Und zweitens, weil sie nicht einmal dann
genügten, wenn sie von allen Gipfeln gebilligt würden. Denn viel zu
schwach ausgeprägt ist der Wille, die langfristige Kapitalanlage, die
der Wirtschaft dient, gegenüber der kurzfristigen Spekulation zu
stärken, die Unternehmen zu bloßen Investmentobjekten degradiert an
der aber Broker und Banker verdienen.
Europas Regierungschefs ist deshalb nicht vorzuwerfen, dass sie in
die falsche Richtung marschieren. Sondern nur, dass sie nicht weit
genug gehen.

Originaltext: Ostthüringer Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/74527
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Pressekontakt:
Ostthüringer Zeitung
Redaktion Ostthüringer Zeitung
Telefon: +49 3447 52 59 70
redaktion@otz.de


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