WAZ: Welt-Finanzgipfel - Angelsachsen gegen das alte Europa. Leitartikel von Thomas Wels
Geschrieben am 01-04-2009 |
Essen (ots) - Es geht ein Riss durch die Weltwirtschaft. Auf der einen Seite stehen Amerikaner und Briten, die ihr Modell des angelsächsischen Kapitalismus mit Geldkanonen retten wollen. Auf der anderen Seite steht das alte Europa, Deutschland und Frankreich, die in ihren angeleinten Wirtschaftssystemen den richtigen Weg sehen. Eine feine Ironie der Geschichte ist es, dass wir dem ehemaligen US-Verteidigungsminister Rumsfeld den Schmähbegriff des alten Europa zu verdanken haben. Damals freilich ging es um den Krieg gegen den Irak, heute geht es um die Schlacht gegen die Krise.
Amerikaner sind anders als Europäer. Amerikaner glauben immer an die Chance - selbst an die Möglichkeit, als Arbeitsloser reich zu werden, etwa, indem einem eine Bank Geld leiht für einen Hauskauf und verspricht, noch mehr Geld zu geben, wenn erst der Wert des Hauses gestiegen ist. Mit der geplatzten Immobilienblase sollte sich auch der Tellerwäschertraum der Amerikaner verflüchtigt haben. Finden die Europäer. Deshalb wollen Deutschland und Frankreich strikte Regeln, einen gezähmten Finanzkapitalismus. Das wollen aber weder die Briten noch die Amerikaner. Aus Trägheit, Strukturkonservatismus und weil sie viel zu verlieren haben. Ihre Träume zum Beispiel. Die Briten haben ihre Industrie gegen eine Finanzwirtschaft der City of London getauscht. Die USA haben eine Wall Street, vor allem haben sie sich an das Leben auf Pump gewöhnt. Sie hoffen auf das Vorübergehen der Krise, und darauf, dass alles wird, wie es mal war.
Amerikaner und Briten wollen weitere Hunderte Milliarden in die Wirtschaft pumpen. US-Nobelpreisträger Krugman fordert in Anlehnung an den ersten Golf-Krieg eine Powell-Doktrin: Wenn schon Krieg, dann mit gewaltiger Übermacht. Die Amerikaner wollen ihr altes Konsumniveau zurück, selbst wenn das nur mit Schulden geht. Dumm nur, dass diese Null-Zins-Politik exakt der entspricht, die die Krise ausgelöst hat. Ex-Notenbankchef Greenspan hat nach dem 11. September 2001 mit supergünstigen Zinsen die Immobilienblase produziert.
Die Europäer haben gute Gründe, sich zu wehren. Ausgangspunkte der Krise waren London und Washington. In Deutschland ist die Furcht vor Geldentwertung nach der Erfahrung mit der Hyperinflation 1923 das, was bei den Amerikanern das Trauma der großen Depression 1929/30 ist. Jeder sollte dem anderen seinen Weg lassen. Wichtig ist aber vor allem eins: Der offene Welthandel darf darüber keinesfalls Schaden nehmen. Hinter Jägerzäunen von Zollschranken würde alles für alle sehr viel schlimmer.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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