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Berliner Morgenpost: Das Bündnis braucht eine neue Strategie - Kommentar

Geschrieben am 03-04-2009

Berlin (ots) - Weder Demonstrationen vor den Türen noch die Suche
nach einem neuen Selbstverständnis im Saal können den Blick trüben:
Die Nato als amerikanisch-europäische Verteidigungs- und
Wertegemeinschaft hat allen Grund, voller Stolz ihren Geburtstag zu
feiern. Die vergangenen 60 Jahre waren die erfolgreichsten, die ein
Bündnis je erlebt hat. Es hat Sicherheit und Freiheit garantiert in
Zeiten, da während des Kalten Krieges durch den expansiven
Kommunismus beides bedroht war. Die Nato hat diesen Krieg nicht nur
gewonnen. Sie hat durch die Entschlossenheit ihrer Mitglieder, auch
gegen härtesten Widerstand einer massenhaften "Friedensbewegung", den
Weg zur Überwindung der Teilung Europas - und damit der Deutschlands
- geebnet. Auch wenn es heute viele nicht mehr wahrhaben wollen oder
schon wieder vergessen haben: Insbesondere Deutschland hat der Nato
viel zu verdanken.
Der Gründung 1949 voraus gingen das Vordringen des sowjetischen
Machtimperiums in Ost- und Mitteleuropa bis an Elbe und Adria und die
Blockade West-Berlins. Die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und
die Deutschen unter Kontrolle halten - so hat der erste
Nato-Generalsekretär Lord Ismay einmal freimütig den Zweck des
Bündnisses auf den Punkt gebracht. Für Konrad Adenauer, den ersten
Nachkriegskanzler, waren eine Nato-Mitgliedschaft und der deutsche
Wehrbeitrag zugleich politischer Hebel, wieder als Partner in die
freie Völkergemeinschaft aufgenommen zu werden. In diesem Sinne hat
sich die Nato nie nur als rein militärisches Bündnis, sondern immer
auch als ein politisches verstanden; eben als Wertegemeinschaft,
verpflichtet den Prinzipien der Freiheit.
Das hat der Nato das Überleben nach dem Ende des Kalten Krieges, mit
dem ihr der zentrale Feind abhandengekommen war, erleichtert.
Der neue Feind scheint allerdings ein noch gefährlicherer zu sein,
weil unberechenbar und kaum sichtbar. Spätestens seit dem 11.
September 2001 ist der weltweit agierende Terrorismus zur alles
entscheidenden Herausforderung geworden. Wie schwer sich die Nato mit
ihr tut, zeigt sich in Afghanistan. Die Mitgliedsländer haben nicht
nur große Probleme, die Menschen von der Notwendigkeit des
Engagements fern der Heimat zu überzeugen. Noch bedenklicher ist,
dass Regierungen und militärische Nato-Führung noch immer auf der
Suche nach der richtigen Strategie für diesen neuen asymmetrischen
Krieg (Soldaten gegen Guerilleros) sind.
Das Geburtstagstreffen in Baden-Baden und Straßburg verspricht
dennoch zur überfälligen Offensive zu blasen: Die Europäer kommen dem
Wunsch Amerikas nach mehr Soldaten in Afghanistan nach, anders als
George W. Bush setzt Barack Obama nicht länger allein auf
militärische Stärke, sondern will diese - wie von Europa erwartet -
mit zivilem Krisenmanagement verbinden, und schließlich verspricht
die Ankündigung des US-Präsidenten, die atomaren
Abrüstungsverhandlungen mit Moskau wieder zu beleben, der Nato neue
Glaubwürdigkeit.
Gibt der Nato-Gipfel eine solche "Grand Strategy" in Auftrag und
bindet Russland in diese als Partner ein, dann verspricht dieser 60.
nicht der letzte runde Geburtstag der Nato zu sein.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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