Berliner Morgenpost: Kommentar - Krawallmacher ergreifen keine ausgestreckte Hand
Geschrieben am 02-05-2009 |
Berlin (ots) - Der Innensenator spricht von einem "Rückschlag", der Polizeipräsident verhehlt nicht, dass die Lage am 1.Mai in Kreuzberg schlimmer war als in den vergangenen Jahren: 273 verletzte Polizeibeamte, 289 festgenommene Gewalttäter. So sieht die Bilanz nach diesem 1.Mai in Berlin aus. Schlimmer hätte es kaum kommen können, so verheerend war es zuletzt im Jahr 2004. Doch damals, im Jahr 2004, galt das "Konzept der ausgestreckten Hand" noch nicht. Ein Konzept, bei dem die Polizei möglichst deeskalierend auftritt, im Hintergrund bleibt, versucht, nur die Gewalttäter zu isolieren. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und auch der Polizeipräsident lobten sich in den vergangenen Jahren immer sehr für diese Strategie, verwiesen auf die zurückgehenden Zahlen der verletzten Polizisten und der verhafteten Randalierer. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass die Zahlen immer sehr hoch waren, dass von einem friedlichen Tag keine Rede sein konnte. Es war halt nur nicht mehr so schlimm wie in den Jahren davor. Und natürlich hat sich der Innensenator seinen Erfolg auch stets etwas schöngeredet, wenn er immer wieder betonte, dass die sogenannte revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Kreuzberg friedlich geblieben sei. Nun, die Steine und Flaschen flogen nicht schon während der Demo, sondern erst unmittelbar nach deren Ende. Das einen Erfolg zu nennen geht wohl nur in Berlin. Gestern aber konnte Körting nichts mehr schönreden. Denn in diesem Jahr bewarfen rund 700 Gewalttäter die Polizisten schon während des Protestmarsches mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern, die Demonstration musste früher beendet werden. Und wieder hat sich bestätigt: Randalierer ergreifen keine ausgestreckte Hand. Der Innensenator und die Polizei werden dies 2010 berücksichtigen müssen. Körting - man höre und staune - denkt sogar darüber nach, die "revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" zu verbieten. Das hat bislang nur der ehemalige Innensenator Eckart Werthebach (CDU) im Jahr 2001 gewagt und ist dafür heftig gescholten worden. Die Bilanz damals fiel für die Polizisten nicht schlimmer aus als gestern: 166 Beamte wurden 2001 verletzt und 616 Randalierer festgenommen. Das nämlich muss man wissen: Ein Verbot der Demonstration wird nicht verhindern, dass die Krawallmacher am 1.Mai in Berlin zusammenkommen. Der Stadt Berlin ist ein Innensenator zu wünschen, der nicht wie vor wenigen Tagen vor selbst ernannten Autonomen flüchtet, sondern stattdessen Polizeiverstärkung anfordert und diesen jungen Menschen klarmacht, dass es in Berlin keine rechtsfreien Räume gibt. Und Berlin braucht einen Innensenator, der keine abstrusen Vergleiche zwischen Massenvergewaltigungen und Gewalttaten linker Chaoten zieht. Diese Straftaten mit "fallenden Hemmschwellen" zu erklären ist angesichts der Opfer wirklich zynisch. Im nächsten Jahr wird am 1.Mai wieder demonstriert werden. Nach den Erfahrungen der letzten Tage sicherlich nicht nur friedlich.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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