Südwest Presse: Kommentar zu Konjuktur-Report
Geschrieben am 07-07-2006 |
Ulm (ots) - Wer hätte das gedacht: Wenn es für die Kicker von Jürgen Klinsmann heute Abend einigermaßen läuft, dann landet die Nationalmannschaft in der Abschlusstabelle der Weltmeisterschaft auf Platz drei. Sensationell muss man auch die Geschäfte nennen, die die WM fußballnahen Konsumgüterbereichen bescherte. Vor allem die Unterhaltungselektronik, die Sportartikelbranche, aber auch der Lebensmittel- und Getränkehandel konnten vom WM-Zusatzgeschäft profitieren, das der Einzelhandelsverband auf rund 2 Milliarden Euro taxiert. Den vielfach erwarteten Schub für die gesamte Konsumgüterkonjunktur löste der fußballerische Mega-Event nicht aus, auch wenn er der Konsumlaune ein neues Rekordhoch bescherte und der Einzelhandelsumsatz gegenüber dem Vorjahr um bemerkenswerte 1,9 Prozent zulegen konnte. Unterm Strich sorgte die WM aber lediglich für eine Verlagerung der Konsumschwerpunkte. Dies bestätigt auch das Eingeständnis des Handels im Südwesten, dass die erhofften Mehreinnahmen ausgeblieben sind. Man muss kein großer Prophet sein, wenn man auch hinter die neue Hoffnung der Händler ein Fragezeichen setzt, die sich jetzt voll auf die Vorzieheffekte der Mehrwertsteuererhöhung richtet. Die gibt es fraglos. Unbestreitbar ist aber auch, dass mehr konsumieren nur kann, wer - wie etwa die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie - mehr Geld in der Tasche hat. Doch davon wird real betrachtet nicht viel übrig bleiben, wenn erst einmal die hartnäckig hohen Preise an den Zapfsäulen oder die weiter sprunghaft steigenden Heizkosten bezahlt sind. Hauptmotor der guten Konjunktur in Deutschland ist weiter vor allem die Industrie. Und die erlebt jetzt endlich, dass der zündende Funke aus dem Exportboom auch auf das Inlandsgeschäft überspringt. So verzeichneten die Maschinenbauer im Mai einen rekordverdächtigen Sprung bei den Inlandsbestellungen um 44 Prozent. Und auch im Schnitt der letzten drei Monate lag der inländische Bestellschub in der wichtigsten Investitionsgüterbranche der Republik mit plus 21 Prozent deutlich über dem Zuwachs der Auslandsaufträge von 15 Prozent. Im exportstarken Südwesten gilt zwar weiterhin die überkommene Rangordnung, aber bei einem Plus von 21 Prozent konnte das Inlandsgeschäft den Abstand zu den Exportaufträgen deutlich verkürzen. Insgesamt sammelten die Firmen im Land bis Ende Mai 15 Prozent mehr Bestellungen als im selben Zeitraum des Vorjahres. Baden-Württemberg bleibt damit unverändert eine der Lokomotiven der bundesdeutschen Konjunktur. Dieser satte Bestellschub sorgt dafür, dass die Wachstumsrate des Landes 2006 endlich wieder eine Zwei vor dem Komma zieren wird. Was die Republik insgesamt betrifft, so spricht viel dafür, dass die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute im März mit ihrer - damals durchaus mutigen - Prognose von 1,8 Prozent richtig liegen.
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