Berliner Morgenpost: Ein gewagtes Spiel mit vielen Unbekannten - Kommentar
Geschrieben am 28-05-2009 |
Berlin (ots) - Der Gipfel endete in einem Desaster: Auch nach elf Stunden Verhandlungen konnten sich Bundesregierung und die Vertreter der Bundesländer mit Opel-Standorten in der Nacht zu Donnerstag nicht mit dem amerikanischen Finanzministerium sowie den Vertretern des US-Autoherstellers General Motors (GM) auf eine Lösung für Opel verständigen. Schlimmer noch: Die Situation ist verfahrener denn je, die Zeit jedoch wird knapp. Warum der Gipfel scheiterte, dafür wurden gestern gleich mehrere Verantwortliche ausgemacht. Die Linke und einige Wirtschaftsexperten sahen die Schuld bei Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der das Treffen amateurhaft vorbereitet habe und in den letzten Tagen auch eine "geordnete Insolvenz" von Opel ins Gespräch gebracht hatte. Damit habe er die Amerikaner geradezu eingeladen, zu pokern und neue Forderungen zu stellen, so der Vorwurf. Die Bundesregierung, allen voran der wahlkämpfende Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), sieht die Verantwortung bei den Amerikanern. Der Autohersteller GM hatte beim Super-Gipfel nämlich völlig überraschend verkündet, dass weitere 300 Millionen Euro benötigt würden. Und die US-Regierung hatte keine hochrangigen Vertreter, sondern nur einen mandatierten Rechtsanwalt nach Berlin gesandt, der allein nicht entscheidungsbefugt war. Möglicherweise hat die Bundesregierung unterschätzt, wie sehr die Amerikaner für ihre Interessen kämpfen, wie kompliziert die Rettung eines global agierenden Autokonzerns ist. Doch auch wenn es sich so mancher wünscht: Im Fall Opel gibt es keine einfachen Antworten. Es ist vielmehr ein gewagtes Spiel mit vielen Unbekannten. Trotz aller Kritik am Verlauf des Treffens: Es ist gut, dass sich die deutschen Unterhändler in der langen Nacht nicht von GM über den Tisch ziehen ließen und nicht noch einmal 300 Millionen draufgepackt haben. Immerhin wollen Bund und Länder schon 1,5 Milliarden Euro als Brückenfinanzierung bereitstellen. Aber wie schwierig müssen die Gespräche sein, wenn noch nicht einmal die Frage des Kontos geklärt ist - also die Frage, wo der Überbrückungskredit landet und wer Zugang zu diesem Konto hat. Dabei ist es doch von zentraler Bedeutung für die deutsche Seite, dass das bereitgestellte Geld nicht in einer wahrscheinlichen Insolvenzmasse GM versickert, sondern irgendwann auch mal zurückgezahlt wird. Und noch etwas darf keiner aus den Augen lassen: Wenn die Staatshilfe für Opel gewährt wird, was wird dann aus Arcandor mit seinen Karstadt-Warenhäusern, aus diesen 56000 Arbeitsplätzen? Oder aus Porsche und anderen Unternehmen, die in Not geraten? Der Arcandor-Konzern verlangt vom Bundeswirtschaftsminister eine 650-Millionen-Euro-Bürgschaft. Das ist auch viel Geld, aber deutlich weniger, als Bund und Länder für Opel bereitstellen wollen. Am 12.Juni, wenn Arcandor seine Kredite bedienen muss, um die Insolvenz abzuwenden, ist für die Bundesregierung erneut der Tag der Wahrheit. Es sind noch 14 Tage.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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