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Berliner Morgenpost: Berlin muss seine Potenziale heben - Kommentar

Geschrieben am 10-06-2009

Berlin (ots) - Berlin braucht mehr wirtschaftliches Wachstum, um
die Probleme der Stadt von den finsteren Finanzen bis zu den
vermissten Arbeitsplätzen zumindest zu entschärfen. Auch dass sich
Berlin Rettung nicht allein vom Dienstleistungssektor erhoffen darf,
sondern flankierend auf Industrie angewiesen bleibt, ist keine
bahnbrechende neue Einsicht. Schon vor gut zwei Jahren lud der
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit Arbeitgeber und
Gewerkschaftsvertreter auf deren langes Drängen ein, um gemeinsam
über die Stärkung des Industriestandorts Berlin nachzudenken. Es
blieb seitdem bei freundlichen Bekundungen. Jetzt versucht das
Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der
gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, dem Senat noch einmal Beine
zu machen.
In der Studie wird der rot-roten Koalition vorgehalten, das durchaus
vorhandene Entwicklungspotenzial in der Stadt nicht ausreichend
auszuschöpfen. Die Kritik gipfelt in dem Befund, dass Berlin zwar als
Forschungsstandort international bekannt und geschätzt werde, aber
selbst Wirtschaftskreise davon ausgehen, dass Berlin gar keine
Industrie mehr habe. Dieses Image ist nicht nur falsch (siehe Siemens
oder das Solarunternehmen Solon mit mittlerweile gut 1000
Beschäftigten). Es muss auch dringend verändert werden, weil es
investitionsfeindlich ist. Außerdem wird in der Studie die seit
Jahren aus Berliner Unternehmerkreisen zu hörende Klage bestätigt,
dass die Pflege ansässiger Unternehmen vor allem aus dem Bereich des
industriellen Gewerbes und des Mittelstandes sträflich vernachlässigt
werde.
Es wird also höchste Zeit, dass in Berlin ein zweiter
Mentalitätswandel stattfindet. Nachdem Wowereit bei Regierungsantritt
einen solchen in Form des Abschieds vom Berliner Subventionsgebaren
verkündet hatte, muss es endlich auch einen Wandel hin zu einer
wirtschaftsfreundlichen Stadt geben. Der unternehmerische Geist in
dieser Stadt und für sie muss wieder erweckt werden. Von Tourismus,
Kultur, Medien und der Eventszene allein können die Berliner nicht
leben. Und selbst die vielfältigste Dienstleistungsbranche kann ohne
zukunftsträchtiges industrielles Umfeld nicht dauerhaft prosperieren,
weil es ihr an Aufträgen mangeln wird.
Die Wirtschaftsfeindlichkeit in Berlin zu überwinden wird allerdings
schwer, solange der Regierende Bürgermeister Wirtschaftstermine -
wenn überhaupt - eher als lästige Pflicht wahrnimmt, der
Wirtschaftssenator wie sein Staatssekretär mit dem
Marxismus-Leninismus groß geworden sind und eine zweistufige
Verwaltung sich nach Berlin vorwagende Investoren mit Bürokratie und
Desinteresse verschreckt. Handlungsanweisungen dafür, wie es endlich
besser gemacht werden kann, liefert die DIW-Studie. Der Senat sollte
sie aufgreifen. Mit dem Ziel, gemeinsam mit den sehr
unterschiedlichen Akteuren aus Forschung, Wirtschaft, Politik und
Verwaltung eine Strategie zur optimalen Nutzung der bislang
unkoordinierten Potenziale der Stadt zu entwickeln.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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