Westdeutsche Zeitung: Rente mit 67 = Von Rolf Eckers
Geschrieben am 22-06-2009 |
Düsseldorf (ots) - Es ist populär, über die Rente mit 67 zu schimpfen. Nicht nur Dachdecker und Altenpflegerinnen berichten glaubhaft, dass schon mit Ende 50 kaum noch etwas geht. Wenn Florian Pronold auf diese Karte setzt, wähnt er sich nah bei den Menschen. Der weitgehend unbekannte künftige SPD-Chef in Bayern will Punkte sammeln - für seine Partei und vor allem für sich. Die Wirtschaftskrise schlage bald auf den Arbeitsmarkt durch, argumentiert Pronold. Besonders ältere Arbeitnehmer hätten dann keine Chance mehr, folglich müsse die Rente mit 67 weg. Das klingt plausibel, ist aber Unsinn. Zur Erinnerung: Die Anhebung des Renteneintrittsalters soll 2012 schrittweise beginnen und 2029 abgeschlossen sein. Es geht also um Zeiträume, die erheblich weiter in die Zukunft reichen als die derzeitige Krise. Weit schwerer als die ökonomische Flaute wiegt die steigende Lebenserwartung. Seit 1960 hat sich die Rentenbezugsdauer um gut sieben Jahre auf 17,2 Jahre verlängert. Das bedeutet: Wenn wir immer länger leben, müssen wir auch länger arbeiten, weil die Rentenversicherung sonst kollabiert. Etwas Wesentliches kommt hinzu: Die Zahl der Erwerbspersonen nimmt hierzulande demografisch bedingt ab 2015 drastisch ab. Fehlen die Arbeitskräfte, fehlen aber auch die Beitragszahler. Folge: Die Alten werden bald umworben sein wie nie zuvor. Schon heute sind sich alle Prognosen einig: Ohne ältere Arbeitnehmer gelingt es uns nicht, den Wohlstand zu erhalten. Die Firmen müssen Lösungen finden, damit dem Dachdecker und der Altenpflegerin die Arbeit auch jenseits der 60 noch möglich ist. Nur zwei Prozent der mehr als 20 Millionen Rentner sind derzeit auf Sozialhilfe angewiesen, weit weniger als in den meisten Nachbarländern. Der heutigen Rentnergeneration geht es so gut wie keiner vor ihr. Aber auch so gut wie keiner, die nach ihr kommen wird. Betroffen von der Rente mit 67 sind jene, die noch etliche Arbeitsjahre vor sich haben. Da es immer mehr Niedriglöhner und Teilzeitbeschäftigte gibt, droht erheblich häufiger als heute Altersarmut. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist richtig, reicht aber nicht aus. Wir werden noch mehr Steuermittel als bislang in Rente und Grundsicherung stecken müssen. Schon heute sind das etwa 80 Milliarden Euro im Jahr.
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