Rheinische Post: Karlsruhe macht Berlin "Beine" von Reinhold Michels
Geschrieben am 30-06-2009 |
Düsseldorf (ots) - Das 58 Jahre alte Bundesverfassungsgericht hat eine reife Entscheidung getroffen. Sie zeichnet sich durch grundsätzliche Europa-Freundlichkeit aus, die zum Verfassungsprinzip erhoben wird. Das ist klug, weil der Alte Kontinent nur unter der jungen blauen Flagge mit den zwölf Sternen eine große Zukunft hat. Die Entscheidung ist zugleich ein Stop- und Wecksignal gegen Brüsseler Expansionsdrang und Berliner Schlafmützigkeit. Karlsruhe hat Bundestag und Bundesrat "Beine" gemacht, von zwingend gebotenen Mitwirkungspflichten in EU-Angelegenheiten Gebrauch zu machen. Es erzeugt Unbehagen, dass eine große Parlaments-Mehrheit schnell bereit war, den EU-Zug fahren zu lassen, ohne Einfluss auf Tempo und Streckenführung zu nehmen. Das Wort von der "Karlsruher Republik" ist seit gestern wieder aktuell. Einmal mehr sind es nämlich acht Richter in der badischen Metropole, die die "Berliner Republik" zu Recht zur (Grundgesetz-)Ordnung rufen. Und das im Namen des Volkes. Es ist mehrheitlich europäisch gesinnt, aber skeptisch gegenüber einer Großmacht Brüssel, der Berliner Volksvertreter beim Zurückdrängen nationalstaatlicher Vorrechte auch noch gewollt-ungewollt assistierten. Wer ein Faible für die große Idee Europa hat, wird das Urteil begrüßen. Es kann die Distanz zwischen der EU und ihren Bürgern verkürzen.
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