WAZ: Einwurf der Bundesbank - Die Rente und die Heuchelei. Leitartikel von Frank Stenglein
Geschrieben am 21-07-2009 |
Essen (ots) - Es stimmt schon: Von Bankern möchte man zurzeit eher etwas über die Neuordnung der Finanzmärkte hören, weniger über sozialpolitisch brisante Fragen. Die Zukunft der gesetzlichen Rente gehört eindeutig nicht zum Kerngeschäft der Bundesbank. Dennoch trägt die einhellige Empörung von Politik, Gewerkschaften und Verbänden Züge von Heuchelei. Dass der Generationenvertrag aus den Fugen geraten ist, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen, dass den Jungen Überforderungen drohen - all das sind schließlich keine neuen Erkenntnisse.
Natürlich weiß kein Mensch, ob wir im Jahr 2040, wenn die Rente mit 67 längst die Regel ist, über einen noch späteren Ruhestand reden müssen. Möglich ist das aber allemal, und das Nachdenken darüber ist jedenfalls kein Verbrechen. Die grobe Richtung ist ja unstrittig: Die Menschen werden zu ihrem Glück immer älter - mit den entsprechenden Folgekosten für das Renten- und übrigens auch das Gesundheitssystem. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Erwerbstätigen, die das irgendwie erarbeiten müssen. Man braucht kein Bundesbanker zu sein, um hier ein Problem zu erkennen.
Viele Politiker wollen es im Moment so genau nicht wissen. Das bekam Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zu spüren, als er die Rentengarantie seines Ministerkollegen Olaf Scholz zu Recht als "grenzwertig" kennzeichnete. Scholz polemisierte gegen "schlaue Professoren", gegen deren Zahlen er die Macht des Gesetzes setzen werde. Ein starker Auftritt. Aber auch in Scholzens schöner Rentenwelt muss die Balance stimmen, ergibt zwei plus zwei vier.
Die Angst der Politik hat etwas würdeloses, ist aber nicht unbegründet. Wahlen stehen vor der Tür, und die Rentner wissen ihre Interessen durchzusetzen. Um es klar zu sagen: Dies ist absolut legitim. Am Ende sichert allerdings nicht finanzielles Getrickse, sondern nur eine funktionierende Arbeitsgesellschaft die Altersbezüge. Jeder Jüngere wird gerne für die Älteren Beiträge erbringen, sofern auch diese Rücksicht nehmen.
Wer die Beitragslast erträglich halten und dennoch Mini-Renten vermeiden will, dem bleibt wohl nur der Weg eines späteren Rentenbeginns, wobei die steigende Lebenserwartung Härten abmildern kann. Die Arbeitswelt ist darauf noch lange nicht eingestellt, doch das muss nicht so bleiben. Die jetzige Rentnergeneration kann sich bei all dem beruhigt zurücklehnen. Sie hat weder mit der Rente mit 67 noch gar mit jener hypothetischen ab 69 das Geringste zu tun.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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