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Deutscher Kassenärztetag appelliert an die Politik / Fällt die Solidarität dem Wettbewerb zum Opfer?

Geschrieben am 01-09-2009

Berlin (ots) - Was kann, was muss die Politik tun, um das
Gesundheitswesen zu modernisieren, ohne es zu demontieren? Mit dieser
Frage hat sich heute der erste Deutsche Kassenärztetag in Berlin
beschäftigt. Eingeladen hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung
(KBV). Deren Vorstand, Dr. Carl-Heinz Müller, sagte zur Begrüßung:
"Wir müssen das Gesundheitswesen modernisieren, insbesondere auch, um
dessen Bezahlbarkeit zu erhalten. Mehr Wettbewerb kann hier
zweifelsohne wichtige Impulse liefern. Aber er hat auch
Nebenwirkungen für die Versorgungssicherheit und -gerechtigkeit und
für die Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung. Beim
Wettbewerb im Gesundheitswesen darf es ausschließlich darum gehen,
zuvor festgelegte, qualitativ hochwertige Versorgungsziele zu
erreichen. Daraus folgt zwingend, dass nicht jede Kasse ihre eigenen
Qualitätsstandards definiert. Nur so lässt sich deren Einhaltung
bundesweit überprüfen. Dieses Beispiel zeigt: Im Gesundheitswesen
kann es nur einen bedingten Wettbewerb geben. Dieser bedarf klarer
Regeln. Sonst werden die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht mehr in
der Lage sein, die wohnortnahe qualitätsgesicherte Versorgung bei
freier Arztwahl sicherzustellen. Außerdem muss das Übermaß an
Bürokratie und Regulierung dringend auf das notwendige Maß reduziert
werden."

In seinem Gastvortrag befasste sich Bischof Dr. Wolfgang Huber,
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche Deutschland,
besonders mit dem Verhältnis von Eigenverantwortlichkeit und
Solidarität: "Der Grundsatz, dass jeder, unabhängig von Einkommen
oder sozialem Status, Zugang zu medizinischen Leistungen haben soll,
muss bewahrt werden. Es ist auch für die Gesunden gut zu wissen, dass
Krankheiten nicht zum Ausschluss führen. Eine Gesellschaft, die keine
Solidarität aufbringt, schadet sich selbst. Wenn nur noch der
ökonomische Blick das Handeln bestimmt, nimmt das Gesundheitswesen
schweren Schaden."

Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler, stellte die
Forderungen der Vertragsärzteschaft an die Gesundheitspolitik der
nächsten Regierung vor. Dazu gehören der Erhalt der Freiberuflichkeit
und der unbedingte Vorrang medizinischer Aspekte bei der Behandlung
vor ökonomischen: "Wir wollen nicht, dass Diagnosen nach
wirtschaftlichen Kriterien der Krankenkassen codiert werden", betonte
Köhler. Des Weiteren verlangte er eine grundsätzliche Rückkehr zur
Einzelleistungsvergütung: "Pauschalen führen zu Intransparenz und
bilden den tatsächlichen Leistungsbedarf nicht ab." Weitere
Forderungen der Ärzteschaft seien neue Regeln für die
Arzneimittelverordnung sowie mehr Gestaltungsspielraum für die
Selbstverwaltung, so der KBV-Chef.

Anschließend diskutierten auf dem Podium die Vertreter der
Fraktionen im Bundestag: Wolfgang Zöller, stellvertretender
Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mechthild Rawert,
SPD-Abgeordnete und Mitglied des Gesundheitsausschusses, Daniel Bahr,
Gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr.
Gregor Gysi, Vorsitzender der Bundestagsfraktion Die Linke sowie
Biggi Bender, Gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die
Grünen. Dabei bestand Einigkeit, dass Wettbewerb insbesondere als
Suchmodell für neue Versorgungsformen sinnvoll sei, jedoch eines
Ordnungsrahmens bedürfe.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV):
Die KBV vertritt die politischen Interessen der rund 149.900
niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten auf Bundesebene. Sie ist
der Dachverband der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die die
ambulante medizinische Versorgung für 70 Millionen gesetzlich
Versicherte in Deutschland sicherstellen. Die KBV schließt mit den
gesetzlichen Krankenkassen und anderen Sozialversicherungsträgern
Vereinbarungen, beispielsweise zur Honorierung der Ärzte und zum
Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen. Die KVen und die
KBV sind als Einrichtung der ärztlichen Selbstverwaltung
Körperschaften des öffentlichen Rechts. Mehr Informationen im
Internet unter: www.kbv.de.

Originaltext: kbv Kassenärztliche Bundesvereinigung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/34021
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_34021.rss2

Pressekontakt:
Dr. Roland Stahl, Tel.: 030 / 4005 - 2202
Tanja Hinzmann, Tel.: 030 / 4005 - 2240
Nadine Jahnz,    Tel.: 030 / 4005 - 2208


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