Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 2. September 2009 das Gedenken zum 70. Jahrestag des Beginns der Zweiten Weltkrieges:
Geschrieben am 01-09-2009 |
Bremen (ots) - Ein versehrter Kontinent von Joerg Helge Wagner Der gestrige Tag hat vor allem eines bewiesen: Es braucht länger als eine oder zwei Generationen, um die Folgen einer Menschheitskatastrophe, wie es der zweite Weltkrieg war, zu überwinden. Sicher verbietet es sich, angesichts von 60 Millionen Toten von einem Versuch zu sprechen, das Verhältnis der ehemaligen Kriegsgegner zu "entkrampfen" - es wäre schon viel gewonnen, wenn man bloß die Gültigkeit der ganzen Wahrheit zuließe. Die Quellenlage steht dem nicht mehr entgegen - die Staatsräson schon. Das gilt besonders für Polen und Russland. Polen hat länger als jedes andere europäische Land unter Krieg und Besatzung gelitten, das russische Volk mehr Opfer als jedes andere zu beklagen gehabt. Wenigstens das ist zwischen beiden unumstritten, paradoxerweise aber auch Ursache für ihre gegensätzliche Sichtweise. Die einst in Deutschland heiß diskutierte Frage, ob das Kriegsende nun als "Befreiung" zu werten sei, stellte sich den Polen nie. Hier scherzte man höchstens bitter, der schlimmste polnische Fluch laute: "Mögen Dich die Deutschen besetzen und die Russen befreien!" Das bezieht sich nicht nur auf den Hitler-Stalin-Pakt, das Massaker von Katyn oder den Warschauer Aufstand, den Stalin 1944 ungerührt von Wehrmacht und SS zusammenschießen ließ, obwohl seine Armeen bereits vor der Stadt standen - es bezieht sich auch auf die bleiernen Jahrzehnte der Zwangsmitgliedschaft im Ostblock. Dass dessen Militärbündnis ausgerechnet Warschauer Pakt hieß, haben die meisten Polen eher als Hohn denn als Ehre empfunden. Russlands Regierungschef, der frühere KGB-Offizier Putin, steht aber genau für diese Vergangenheit, transformiert in einen neu-russischen Nationalismus. Entsprechend fiel sein Auftreten gestern aus: "Probleme in der Geschichte" sind etwas für Historiker und Schuldbekenntnisse sind schlecht fürs politische Geschäft. Dass es auch anders geht, zeigte Kanzlerin Merkel, die den Krieg unmissverständlich "von Deutschland entfesselt" nannte und sich vor allen seinen Opfern verneigte. Doch der Kontinent wird immer noch von seinen Narben entstellt, und der Kalte Krieg hat frische hinzugefügt.
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