Lausitzer Rundschau: Vor 70 Jahren begann der Zweite Weltkrieg
Geschrieben am 01-09-2009 |
Cottbus (ots) - Beim Rückblick auf jenen 1.September 1939, an dem Nazi-Deutschland die polnischen Nachbarn überfiel, steht es den Deutschen nicht gut an, auf die Mitverantwortung anderer zu verweisen. Was in Polen in den folgenden Jahren unter deutscher Besatzung geschah, ist schrecklich genug, um sich zurückzuhalten von Diskussionen darüber, welchen Anteil die Sowjetunion hatte am Schicksal Polens. Die Fakten sprechen für sich. Spätestens seit Michael Gorbatschow die Archive öffnete, ist hinreichend belegt, dass Stalin, der Diktator in Moskau, gemeinsame Sache machte mit Hitler bei der Zerschlagung Polens und siebzehn Tage nach Kriegsbeginn die Osthälfte des Landes besetzte. Es gibt inzwischen auch keinen Zweifel mehr, dass die im September 1939 mit der Roten Armee einrückenden Geheimpolizeitruppen Zehntausende von Polen ermordeten und Hunderttausende in Lager verschleppten. Jetzt endlich wird darüber auch zwischen Polen und Russen geredet. Diese gute Nachricht darf allerdings nicht dazu führen, dass jetzt Deutsche wie Russen gleichermaßen so lange die Geschichte umschreiben, bis am Ende alles beliebig wird und die Polen auch ihren Teil der Schuld aufzuarbeiten hätten. Deswegen sind die jeweils dem heimischen Publikum geschuldeten Anmerkungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister Wladimir Putin eine Zumutung, die besser unterblieben wäre. Beide haben dabei wieder einmal die historische Erkenntnis strapaziert. So ist die Zahl von zwölf Millionen mit Gewalt vertriebener Deutscher vor allem Funktionärspropaganda - sehr viele Deutsche, die im heutigen Polen lebten, waren bereits vor der Roten Armee nach Westen geflohen. Und die Anmerkungen Putins zur Politik Vorkriegspolens bewegen sich hart an der Grenze zur Lüge. Russland mag sehen, wie es damit jemals die Beziehungen zu Polen gedeihlich entwickelt. Deutschland aber sollte sich endlich mit der Tatsache ausein-andersetzen, dass eine große Mehrheit der Polen die Vertreibung angesichts der Vorgeschichte für gerechtfertigt hält. Und deutsche Politiker sollten lernen, den dabei vorgebrachten, durchaus nachvollziehbaren Argumenten zuzuhören. Denn was nach dem 1.September 1939 in Polen geschah, ist hierzulande noch immer weitgehend unbekannt.
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