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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zur Insolvenz von Quelle

Geschrieben am 20-10-2009

Bielefeld (ots) - Wo sind die Familien, die bei Anbruch der
dunklen Jahreszeit mit glänzenden Augen einen Katalog bunter Bilder
betrachten? Und wo die Jungen und Mädchen, die mit der Schere die
Objekte ihrer kindlichen Wünsche ausschneiden und vor Weihnachten auf
einen Zettel kleben?
Vielleicht sind sie gerade »shoppen«, schlendern an vollen
Schaufenstern vorbei. Oder sie surfen durch das Internet.
Jede Einkaufsform hat ihre Zeit. Kaufhaus und Versandhandel haben
ihre guten Jahrzehnte hinter sich. Das Pech der inzwischen
insolventen Arcandor AG war, dass sie mit Karstadt und Quelle gleich
zwei rückläufige Einzelhandelsformen unter ihrem Dach vereinte. Ebay
und Amazon trugen zum Tod beider Konzernteile bei.
Quelle ist so eng mit der Nachkriegsgeschichte und dem deutschen
Wirtschaftswunder verbunden wie sonst vielleicht nur der VW-Käfer,
Jacobs Krönung und der Lesering von Bertelsmann. Damals erschien es
fast unvorstellbar, dass ein solches Unternehmen irgendwann
verschwinden würde. Doch genau das ist für die 10 500 Beschäftigten
des Fürther Konzerns nun Wirklichkeit geworden. Sie stehen vor dem
Nichts. Nur wenige haben eine Ausbildung, mit der sie etwas anfangen
können. Es gibt weit und breit in Franken keinen anderen
Versandhändler, der sie auffangen könnte.
Und trotzdem war es richtig, dass die Bundesregierung aus Quelle
keinen zweiten Fall Opel gemacht und das Sterben nicht mit Hunderten
Millionen Euro verlängert hat. Nostalgie füllt nämlich keine
Bestellzettel. Etwas Anderes ist es, einen Teil der Summe jetzt zur
Qualifikation der ehemaligen Beschäftigten zu verwenden.
Das Aus für Karstadt und Quelle beweist außerdem ein Mal mehr:
Fusionen sind keine Allheilmittel. Kaufhaus und Versand werkelten
nebeneinander her. So waren Synergien nicht zu heben.
Beschleunigt wurde der Niedergang von Quelle durch Fehlentscheidungen
des Managements. Hunderte Millionen Euro, mit denen der Versandhandel
hätte modernisiert werden können, wurden stattdessen in den Aufbau
der Noris-Bank und einer Versicherung gesteckt. Beide konnten nie die
Rendite-Erwartungen erfüllen - geschweige denn die Löcher in der
Konzernkasse stopfen.
Am Ende hätten die Geld gebenden Banken die Insolvenz vielleicht noch
ein Mal verhindern können. Doch sie verweigerten sogar die
Verlängerung des so genannten Factorings, ohne das kein Versandhandel
funktionieren kann. Unter den Umständen wäre es fast einem Wunder
gleichgekommen, wenn ein Investor trotz alledem das
Traditionsunternehmen noch in letzter Minute aufgefangen hätte.
Trotz Shopping-Erlebniskäufen und Internet: Ganz wird der
Versandkatalog mit Quelle nicht verschwinden. Otto findet ihn weiter
gut. Und anders als der große Jahres- haben die kleineren
Spezialkataloge durchaus noch ihr Publikum. Wie lange? Darüber
entscheidet der Verbraucher.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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