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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema NRW-Linke:

Geschrieben am 08-11-2009

Bielefeld (ots) - Ball paradox: Während Millionen Menschen mit
Faszination auf den 20. Jahrestag des Mauerfalls blicken, wurde am
Wochenende in Hamm an der Rückkehr zum Sozialismus gearbeitet. Auch
wenn einzelne Spinnereien aus hunderten von Änderungsanträgen zum
Wahlprogramm glattgebügelt wurden, bleibt die Hauptstoßrichtung der
Linkspartei in NRW klar: der Systemwechsel.
Die Verstaatlichung von Großbetrieben, die 30-Stunden-Woche bei
vollem Lohnausgleich, die Abschaffung der Schulnoten, die Ersetzung
des Schulpflichtfachs Religion durch Ethikunterricht und die Freigabe
von Drogen sprechen eine eindeutige Sprache. Auch die Rufe nach
Gemeinschaftsschule, beitragsfreier Bildung und kostenlosem
Mittagessen in Schulen und Kitas passen ins Bild. Dabei geht es nicht
um einzelne, mitunter sogar vernünftige Wünsche, sondern die
Gesamtausrichtung.
Den Preis für das Paradies sollen jene zahlen, denen beim Parteitag
in bald jeder Wortmeldung abgrundtiefer Hass entgegenschlug:
Unternehmer, Mittelständler, Freiberufler und alle, die irgendwie
erfolgreicher sind als die Hobbykommunisten im größten westdeutschen
Landesverband.
In diesen Tagen sollte man mit der Linkspartei in NRW vielleicht
nicht vorrangig über den Fall der Mauer, sondern deren Bau
diskutieren. Schließlich startete die DDR bei ihrer Gründung 1949 mit
einem einfachen 120 Zentimeter hohen Drahtzaun zeitgleich mit der
Bundesrepublik in den größten Vergleichswettbewerb gesellschaftlicher
Systeme, den die Realität je gesehen hat. Die Massenflucht der
Menschen zu allen Zeiten der DDR-Existenz spricht Bände. Selbst wenn
die DDR ohne Schießbefehl, Karriere- und Studienverbote,
Internierungslager und Stasi-Spitzeleien ausgekommen wäre, ist eines
unstrittig: Jeder System-Check muss zu der Erkenntnis kommen, dass
der sozialistische Großversuch an exakt jenen Grundsätzen gescheitert
ist, denen Oskar Lafontaines Genossen wieder frönen.
Schlimmer noch: Die gut 8000 NRW-Linken sind ein Sammelbecken für
Hardcore-Kommunisten, DKP- und KBW-Altkader, Kuba- und
Che-Guevara-Fans sowie Revolutionsveteranen. Nicht nur Sahra
Wagenknecht hat mit ihrer kommunistischen Plattform in den linken
Westen rübergemacht. Von der Konterrevolution gegen das siegreiche
globale Finanzsystem träumen auch Antikapitalisten wie Ulla Lötzer
und Ulla Jelpke, Platz eins und zwei der NRW-Bundestagsliste, sowie
Andrej Junko (Platz sechs), der im April zu sozialen Unruhen aufrief.
Oskar Lafontaine hat sehr viel mehr Mühe als nach außen erkennbar,
die tiefe Spaltung zwischen radikalem Westen und fast schon
konservativem Osten zu überbrücken. In NRW will er Korrekturfaktor
sein und zugleich in die Regierung. Jetzt liegt es an SPD und Grünen,
ob sie im Landtagswahlkampf auf einen möglichen Partner verweisen
wollen, der zwischen Wolkenkuckucksheim und Anarchie irrlichtert.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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