Mindener Tageblatt: Kommentar zu Afghanistan / Mehr Realismus, bitte
Geschrieben am 19-11-2009 |
Minden (ots) - Nach Verteidigungsminister zu Guttenberg hat es jetzt auch Außenminister Westerwelle nicht an klaren Worten gegenüber dem alten und neuen afghanischen Staatspräsidenten Karsai fehlen lassen. Bessere Regierungsführung, Bekämpfung von Drogenhandel, Banditentum und Korruption erwarte man. Und natürlich den Aufbau eigenständiger Sicherheitskräfte, der den baldigen Abzug des Bundeswehrkontingents ermöglichen soll. Gut gebrüllt, Löwe, möchte man meinen. Der neue, wenig diplomatische Tonfall gegenüber dem problematischen Verbündeten des Westens ist allerdings kaum mehr als eine Schaufensterveranstaltung Richtung Heimat. Dort sinkt die ohnehin geringe Zustimmung des Wählervolks zur Hindukusch-Expedition weiter, nachdem sich die - angesichts der örtlichen Realitäten allerdings auch ziemlich abenteuerlichen - Versprechungen einer hehren demokratischen Zukunft des Landes unter Schutz und Schirm der westlichen Alliierten in der politischen Praxis immer deutlicher als Luftnummer erweisen. Ein Stammes-Land wie Afghanistan wird wohl auch unter idealen Bedingungen nicht im Handumdrehen zum demokratischen Vorzeigestaat zu entwickeln sein, vielleicht nicht einmal in Generationen. Das ändert nichts daran, dass der Westen aus ureigenstem Sicherheitsinteresse eine Rückkehr der Taliban an die Macht nicht zulassen kann und ein militärischer Einsatz vor Ort deshalb so lange richtig bleibt, wie dies droht. Man sollte das allerdings auch so ehrlich sagen, den Afghanen wie den heimischen Wählern. Und versuchen, das Beste aus den gegebenen Bedingungen zu machen - so, dass die afghanische Bevölkerung ihren Vorteil bei dem vom Westen gestützten Regime sucht. Auch wenn das nach westlichen Maßstäben wenig appetitlich wirken mag. Die Schlüsselworte heißen Sicherheit und materielles Fortkommen - wie überall auf der Welt.
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