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Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Finanzierung der Krankenversicherung Reform-Virus am Werk PETER STUCKHARD

Geschrieben am 29-01-2010

Bielefeld (ots) - Die Diskussion um die nächste Runde der Reform
des Gesundheitssystems ist eröffnet. Das war absehbar. Absehbar
deshalb, weil der Gesetzgeber in die letzte Reform ein bösartiges
Virus namens Unterfinanzierung eingepflanzt hat, gegen das der
Auslöser der Schweinegrippe ein harmloser Geselle ist: Muss eine
Krankenkasse mehr Geld ausgeben, als sie aus dem Gesundheitsfonds
bekommt, muss sie, da kennt der Gesetzgeber kein Pardon,
Zusatzbeiträge erheben. Der Fonds ist nun aber so angelegt, dass er
aus den Beiträgen der Kassenmitglieder und ihrer Arbeitgeber nur 95
Prozent der voraussichtlichen Ausgaben finanziert. Die restlichen
fünf Prozent müssen aus Steuermitteln kommen - und aus
Zusatzbeiträgen.
Im Wahljahr 2009 waren, wen wunderts, die Steuermilliarden des Bundes
so großzügig bemessen, dass das Thema Zusatzbeiträge nicht aufkam.
Doch das Virus arbeitete im Stillen weiter. Krankenhäuser und Ärzte
bekamen zusätzliche Milliarden aus dem System, die Arzneimittelkosten
stiegen wie immer munter weiter. Einige wenige Kassen, angeführt von
der großen DAK, sind schon jetzt so klamm, dass nur der zusätzliche
Griff in die Portemonnaies ihrer Mitglieder sie vor einem peinlichen
Eingriff des Bundesversicherungsamtes retten können. Das ist nicht
das Ende. Wenn der Bund die vorhergesagte Deckungslücke von rund vier
Milliarden Euro nicht durch Steuermittel schließt, kann nur noch das
massive Anspringen der Beschäftigung verhindern, dass weitere Kassen
folgen.
Das weiß natürlich auch der neue Gesundheitsminister Philipp Rösler.
Und ist entsprechend sauer darauf, dass er Ulla Schmidts Rache in
Form der Zusatzbeiträge politisch zu vertreten hat. Eigentlich findet
die Bundesregierung sie ja nicht schlecht, weil das zarte Pflänzchen
Aufschwung nicht durch zusätzliche Arbeitskosten beeinträchtigt wird.
Nachdem aber Chefin Angela Merkel dem Minister klargemacht hat, dass
es für seinen Gesundheitsfonds zusätzliches Geld aus Steuermitteln
nicht gibt, nennt Rösler die Zusatzbeiträge unsozial. Was sie bis zur
Höhe von acht Euro, die der Chefarzt und die arbeitslose
Krankenschwester gleichermaßen zahlen müssen, auch ohne jeden Zweifel
sind.
So lernt der Minister nach rund 100 Tagen im Amt, dass im
Gesundheitssystem die eine Reform meist schon den Virus für die
nächste in sich trägt. Ab März wird sich die von ihm eingesetzte
Regierungskommission damit befassen. Sie wird sich einmal mehr mit
der Finanzierung wie - hoffentlich auch - mit der Ausgabenseite des
Gesundheitssystems befassen. Es geht um 4,5 Millionen Arbeitsplätze
und elf Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Da gibt es keine
Patentlösungen. Dem einen sin Uhl ist dem anderen sin Nachtigall.
Davon abgesehen sind auch die Sachfragen nicht einfach zu
beantworten. Deshalb dürfen alle Krankenversicherten, ob gesetzlich
oder privat, sicher sein, dass es weitere Reformschritte geben wird.
Minister Rösler ist inzwischen im Haifischteich Gesundheitssystem
angekommen. Jetzt muss er mitschwimmen.

Originaltext: Neue Westfälische
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
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Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


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