Weser-Kurier: Der "Weser-Kurier" (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 2. Februar 2010 die Absicht der Bundesregierung, eine gestohlene Datei über Steuersünder zu kaufen:
Geschrieben am 01-02-2010 |
Bremen (ots) - Halbblind von Joerg Helge Wagner Von der Vorstellung, dass Justitia in einem Rechtsstaat blind zu sein habe, muss man sich verabschieden - zumindest, wenn es um sehr viel Geld und hochexplosive Wahlkampfmunition geht. Das ist derzeit in Sachen Steuersünder-Datei zu besichtigen: Nach pflichtschuldig geäußerten Skrupeln in der schwarz-gelben Bundesregierung dürfen die Steuerfahnder in den Ländern nun doch mit deren Segen zuschlagen. Grundlage ihrer Ermittlungen gegen mutmaßliche Kriminelle wird auf kriminellem Wege beschafftes Beweismaterial sein. Der feine Unterschied: Dem einen Kriminellen winkt ein millionenschweres Kopfgeld, den anderen drohen millionenschwere Nachforderungen samt saftiger Geldstrafe - mindestens. Dieses Verfahren soll nun im Volke die Moral heben - zumindest die Steuermoral. Nicht nur Datenschützer haben da Zweifel. Man kann das alles natürlich auch ganz anders sehen, und das tun viele: SPD, Grüne, Linke, Gewerkschaften und der Leitartikler der "Süddeutschen", eine ehemaliger Staatsanwalt. Für sie ist Steuerhinterziehung ein derart verabscheuungswürdiges Verbrechen, dass man juristische Bedenken bei der Beweisbeschaffung schon mal hintan stellen darf. Das geht so weit, die Schweiz als Gebilde hinzustellen, dessen einziger Zweck organisierte Vermögenskriminalität ist. Wenn dem so wäre, könnte man allerdings die Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen einstellen - dabei wäre dies doch eine intelligente Maßnahme, Steuerflucht nachhaltig und ohne zwielichtige Zuträger einzudämmen. Denn natürlich ist Steuerhinterziehung in Millionenhöhe kein Kavaliersdelikt, keine lässliche Sünde. Die Täter müssen verfolgt und bestraft werden. Es sollten dabei die gleichen Regeln gelten wie bei der Bekämpfung von Kinderpornographie, Menschenhandel oder Terrorismus - aber eben nicht großzügigere. In einem Rechtsstaat muss es zumindest bei den Methoden der Strafverfolgung egal sein, ob der Tatverdächtige mutmaßlich schwerreich oder arm ist. Erst Recht darf keine Rolle spielen, welcher Partei er sich verbunden fühlen könnte. Da scheinen insbesondere bei der selbsterklärten Bürgerrechtspartei Die Grünen die Maßstäbe etwas verrutscht zu sein. Rendite - auch politische - ist eben nicht alles.
Originaltext: Weser-Kurier Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30479 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2
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