Westdeutsche Zeitung: Gesetzliche Krankenversicherung = von Wibke Busch
Geschrieben am 03-02-2010 |
Düsseldorf (ots) - Der Damm bricht langsam, aber stetig. Nachdem vergangene Woche einige Krankenkassen Zusatzbeiträge angekündigt haben, wagen sich nun die ersten mit Höchstbeiträgen aus der Deckung. Tausende Versicherte trifft damit die volle Wucht der Gesundheitsreform. Ihnen bleibt ein Sonderkündigungsrecht und der Wechsel in eine andere Kasse - von der Großen Koalition einst als Mittel gelobt, den Wettbewerb im System anzukurbeln. Doch wenn Kassenleistungen nicht in allen Bereichen vergleichbar sind und immer mehr Kassen Zusatzbeiträge fordern, dürfte der Anreiz nur gering sein. Die Verärgerung der Versicherten ist verständlich, die Empörung in Teilen der Politik allerdings nicht nachvollziehbar. Immerhin erlaubte sie den Kassen die Zusatzbeiträge und darf sich nicht wundern, wenn sie diese jetzt nutzen - letztlich auch als politisches Druckmittel. Denn die Zusatzbeiträge machen eines sehr deutlich: Das Finanzierungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung ist an seine Grenzen gestoßen - insbesondere in Zeiten einbrechender Einnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise. Zudem wird ein weiterer Ausgabenanstieg in einigen Bereichen angesichts des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts nicht zu vermeiden sein. Die entstehenden Löcher aber können nicht mehr lange durch Zusatzbeiträge und Steuerzuschüsse gestopft werden. Deutschland braucht daher dringend eine mutige Gesundheitsreform. Zugegeben: Die Rahmenbedingungen dafür sind wegen der Wirtschaftskrise nicht günstig. Gerade die Krise aber erlaubt kein weiteres Abwarten. Die Reform muss dabei die Ausgaben betreffen. Allein die Arzneimittelkosten könnten laut einer Studie um sechs Milliarden Euro gesenkt werden. Zur Verbesserung der Einnahmenseite gibt es den Vorschlag der Koalition, eine Kopfpauschale einzuführen. Die Idee weist in die richtige Richtung. Denn wer den Sozialausgleich nicht mehr innerhalb der Solidargemeinschaft der Kassenmitglieder organisiert, sondern verstärkt über die Steuerzahler, der stellt ihn auf breitere Beine. Und macht ihn letztlich gerechter, weil alle Einkommensbezieher zur Kasse gebeten werden - und zwar gemäß ihrer Leistungsfähigkeit.
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