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Berliner Morgenpost: Eine Offensive für die Afghanen - Leitartikel

Geschrieben am 14-02-2010

Berlin (ots) - Großoffensive, gleich die ersten toten Zivilisten,
Unschuldige, Entschuldigungen - die natürlich nichts entschuldigen -
Tausende Flüchtlinge; die Begleiterscheinungen der neuen, großen
Anti-Taliban-Offensive der USA sind ebenso düster wie erwartbar.
Keine guten Nachrichten für diejenigen, die mit den dort Alliierten
argumentieren, es gebe keinen anderen Weg mehr als diesen, um eines
Tages tatsächlich wieder ein friedliches Afghanistan von stolzen und
ungebeugten Afghanen selbst kontrollieren zu lassen. Und um wirklich
sicherzustellen, dass sich das, was am 9. September 2001 von
afghanischem Boden ausging, nicht wiederholen kann.
Das sind die erklärten Ziele des alliierten Einsatzes am Hindukusch.
Und wir dürfen uns aller Misserfolge und Tragödien zum Trotz immer
mal wieder daran erinnern, dass Deutschland - damals vertreten durch
den Bundeskanzler Gerhard Schröder - den Vereinigten Staaten für
diesen Kampf seine uneingeschränkte Unterstützung zugesagt hat. Ein
solches Versprechen darf unter Freunden nicht mal eben einkassiert
werden, auch nicht nach neun Jahren, auch nicht, wenn es mühselig
wird und elend und gefährlich. Schon gar nicht, wenn man sich die
Geschichte betrachtet, die uns mit den Amerikanern verbindet und
verbündet.
Wir müssen und dürfen deswegen nicht unkritisch sein. Auch für die an
diesem Wochenende begonnene Offensive der US-Truppen in der Provinz
Helmand gilt, was von der Bundeswehr im Norden Afghanistans zu Recht
eingefordert wird: Es ist alles, aber auch wirklich alles zu
vermeiden, was Zivilisten, Frauen, Kinder, Ältere gefährdet. Deren
Leib und Leben dürfen nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden,
deren mit einer derart brutalen Auseinandersetzung immer
einhergehende Opfer dürfen nicht mit einem Schulterzucken quittiert
werden. Ihnen muss geholfen werden - medizinisch, finanziell,
humanitär und schnell. Der Einsatz der alliierten Truppen in
Afghanistan muss zu jeder Zeit erkennbar ein Einsatz für die Afghanen
sein, nicht gegen sie.
Das ist nicht nur aus humanitären Gründen nötig oder weil es die
Parlamente daheim im Trockenen so für richtig halten. Das ist auch
militärstrategisch das Gebot der Stunde. Wenn sich die Mehrheit der
Afghanen - die dem Einsatz der ausländischen Soldaten, nach allem,
was wir wissen, noch immer einigermaßen positiv gegenübersteht -
abwendet, ist dieser Krieg verloren, ganz unabhängig davon, wie viele
Truppen man dorthin entsendet. Wer das Vertrauen, zumindest aber die
Einsicht der Einheimischen verliert, der verliert den Krieg.
Barack Obama, der mit seinem Befehl zur Großoffensive auch politisch
ein hohes Risiko eingeht, weiß um diesen Umstand. Erfolg oder
Misserfolg seiner Präsidentschaft werden am Ende aber davon abhängen,
ob auch die Verantwortlichen vor Ort entsprechend klug, umsichtig und
sensibel handeln wie man es dem Präsidenten selbst zutraut. Kein
geringer Anspruch angesichts eines häufig aus dem Hinterhalt
agierenden, skrupellosen Feindes.

Originaltext: Berliner Morgenpost
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2

Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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