Neue Westfälische: Neue Westfälische, Bielefeld: KOMMENTAR Sozialstaat Liberale Neiddebatte BERNHARD HÄNEL
Geschrieben am 15-02-2010 |
Bielefeld (ots) - Guido Westerwelle sucht Streit. Sein Thema ist brisant und betrifft den Kern des staatlichen Selbstverständnisses Nachkriegsdeutschlands. Gegen den staatssozialistischen Versuch der Gleichmacherei hatten die Väter und Mütter des Grundgesetzes das Sozialstaatsgebot gesetzt. Jedem Menschen, ob er Arbeit hat oder keine, ob er arbeiten will oder eben nicht, steht nach dieser Verfassung ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben zu. So betrachtet, ist ein staatlich festgelegtes Existenzminimum eine in nackte Zahlen bemesse Größe der Menschenwürde. Über das Ausmaß wird derzeit gestritten. Das darf sein, selbst wenn der Anlass weniger das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Hartz-Gesetzgebung ist, denn das schlichte Bedienen der Psyche der eigenen Wählerklientel. In anderen Worten, die von Westerwelle losgetretene Sozialstaatsdebatte ist die liberale Antwort auf die vermeintliche Neiddebatte des linken Lagers. Sozialstaatsgebot und Lohnabstandsgebot sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Dreht sich die Lohnspirale nach unten, sinken die Transferleistungen. Das stete Anwachsen prekärer Beschäftigungsverhältnisse durch Niedriglöhne und 400-Euro-Jobs ist Motor dieser Entwicklung. Das Gegenmittel hätte der Sozialstaat in der Hand, nutzt es aber nicht. Denn Mindestlöhne sind für die FDP Teufelszeug. Dabei sind Mindestlöhne das fehlende Glied in der Kette der Hartz-Gesetzgebung. Dies gehört zu der von Westerwelle geforderten Debatte zur Hartz IV-Gesetzgebung ebenso dazu wie die Tatsache, dass diese Regierung Segnungen verteilt hat, von denen sie weiß, dass sie bei durchschnittlichen Verdienenden nicht ankommen. Steuererleichterungen kappen die Einnahmen der Kommunen. Und so korrespondieren Kindergeld- mit Gebührenerhöhungen. Auch das gehört zur Generaldebatte.
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