stern: Müntefering und Lafontaine wurden bespitzelt - Recherche-Aufträge kamen von der Illustrierten "Bunte"
Geschrieben am 24-02-2010 |
Hamburg (ots) - Das Privatleben von Berliner Spitzenpolitikern ist systematisch ausspioniert worden. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe. Dem Bericht zufolge hat eine Berliner Foto- und Recherchefirma namens CMK seit Ende 2008 über Monate hinweg immer wieder den SPD-Politiker Franz Müntefering und seine heutige Frau Michelle Schumann beschattet. Anfang 2008 wurde Oskar Lafontaine (Linke) ausgespäht. Auch der heutige CSU-Parteichef Horst Seehofer geriert ins Visier der Agentur. Die Aufträge zu den fragwürdigen Recherchen kamen von der Zeitschrift "Bunte".
Der stern-Bericht stützt sich auf interne Unterlagen der CMK sowie auf Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Firma. Im Fall des damaligen SPD-Vorsitzenden Müntefering observierten CMK-Leute über Monate dessen damaligen Wohnsitz in der Berliner Wilhelmstraße, um Details über die Beziehung zu Michelle Schumann in Erfahrung zu bringen und heimlich Fotoaufnahmen von beiden zu machen. Die Methoden, die CMK einsetzte, gleichen denen von Privatermittlern: Bei der Aktion wurde etwa der Briefkasten von Michelle Schumann manipuliert. Nach Angaben der CMK-Insider sollte außerdem die Fußmatte von SPD-Politiker Müntefering mit einem Melder präpariert werden. Insider-Aussagen legen den Verdacht nahe, dass auf der gegenüberliegenden Seite der Wilhelmstraße zudem eine Observationswohnung angemietet wurde. Einmal wurde Michelle Schumann sogar auf der stundenlangen Zugfahrt von Berlin nach Bochum verfolgt: "Im Zug saß ich eine Reihe hinter ihr", gibt ein CMK-Aussteiger an. Der Bericht über Müntefering und seine neue Beziehung erschien samt der Bilder am 7. Mai 2009 in "Bunte".
Bereits im Frühjahr 2008 hatte CMK von "Bunte" den Auftrag erhalten, eine mögliche Beziehung Lafontaines zu der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht zu recherchieren. Die Operation trug CMK-intern den Codenamen "Scarface" - in Anspielung auf eine Narbe am Hals, die Lafontaine seit der Messerattacke auf ihn im Jahr 1990 trägt. Laut stern forschte CMK Lafontaines damaliges Domizil im Berliner Stadtteil Köpenick aus. Überwachungsprotokolle der Firma belegen, dass außerdem geplant war, eine Kamera zu installieren, die auf das Wohnzimmer Lafontaines gerichtet werden sollte. Ein CMK-Mitarbeiter versuchte zudem, in der Linken-Fraktion des Bundestages an einen Praktikumsplatz zu kommen, um Lafontaine besser beobachten zu können. Die Überwachung des Politikers wurde nach kurzer Zeit eingestellt, die Kamera-Installation abgeblasen.
CMK bestätigte auf stern-Anfrage, hinter Müntefering, Lafontaine und Seehofer her gewesen zu sein. Es habe sich jedoch um journalistisch begründete Jobs gehandelt: "Unsere Recherchemethoden bewegen sich stets im Bereich des presse- und standesrechtlich Zulässigen." Die Firma tritt nach außen als Foto- und Recherche-Agentur auf. Für ihr Büro in Berlin-Moabit ist jedoch auch der Betrieb einer Detektei registriert.
"Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel räumte auf Anfrage des stern ein, CMK mit entsprechenden Recherchen zum Privatleben der Politiker beauftragt zu haben. Etwa bei Lafontaine: "'Bunte' hat im Frühjahr 2008 der Berliner Foto- und Presseagentur CMK den Auftrag erteilt, eine angebliche Beziehung zwischen Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht zu recherchieren." Riekel weiter: "Über unlautere Methoden ist 'Bunte' nichts bekannt."
Doch schon solche Rechercheaufträge sind zweifelhaft. So kritisiert der Leipziger Journalistik-Professor Michael Haller insbesondere das Ausspähen von Müntefering: "Das ist berufsethisch eindeutig unzulässig. Münteferings Privat- oder gar Intimsphäre hat mit seinem politischen Mandat schlicht nichts zu tun."
Originaltext: Gruner+Jahr, stern Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6329 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6329.rss2
Pressekontakt: stern-Reporter Johannes Röhrig Telefon 040-3703-3600
oder Dirk Benninghoff Nachrichtenredaktion stern/stern.de Telefon 040-3703-7290
Diese Vorabmeldung ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung frei.
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
253374
weitere Artikel:
- Barthle: Rechtssicherheit für Härtefälle Berlin (ots) - Anlässlich des heutigen Antrags der Arbeitsgruppen Haushalt der christlich-liberalen Koalition zur Änderung des Gesetzentwurfs des Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz erklärt der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle MdB: Die Haushälter der christlich-liberalen Koalition wollen für die betroffenen Bürger und Behörden zügig Rechtsicherheit bei der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Härtefallregelung im SGB II schaffen. Damit unterstreichen sie Handlungsfähigkeit und mehr...
- Rupprecht: HIS-Studie: Immer mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten studieren Berlin (ots) - Anlässlich eines Fachgespräches im Ausschuss zur HIS-Studie "Studienberechtigte 2008" erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Rupprecht MdB: Die HIS-Studie belegt, dass finanzielle Gründe bei der Entscheidung, ein Studium aufzunehmen, eine untergeordnete Rolle spielen. Die überraschende und erfreuliche Botschaft zugleich ist: Die Schere zwischen bildungsfernen und bildungsnahen Schichten nimmt substanziell ab. Immer mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten mehr...
- NABU: Meere werden zu Müllkippen - Tschimpke: Dokumentarfilm "Plastic Planet" rüttelt auf Berlin (ots) - 6,4 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle landen jedes Jahr in den Weltmeeren. Die Politik hat dieses Problem bisher vernachlässigt. Das war auch ein Anlass für den Wiener Regisseur Werner Boote, unserer Welt aus Plastik mit einem aufrüttelnden Dokumentarfilm auf den Grund zu gehen. "Plastic Planet" läuft morgen, am 25. Februar, in den deutschen Kinos an. Der NABU unterstützt den Film als Umweltpartner für den Meeresschutz sowie für die Abfall- und Kreislaufwirtschaft. "Unsere Meere sind nicht nur überfischt, sondern auch zunehmend mehr...
- Hormone aus der Dose: Bier-, Softdrink- und Energydrink-Dosen enthalten Bisphenol A Berlin (ots) - In Getränkedosen von Sprite, Red Bull, Schöfferhofer, Faxe-Bier, Nescafé und weiteren Abfüllern hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die riskante Chemikalie Bisphenol A nachgewiesen. In den Epoxidlacken der Innenbeschichtungen der Dosen habe ein vom BUND beauftragtes Labor je Dose zwischen 0,3 und 8,3 Mikrogramm Bisphenol A gefunden. Akute Gesundheitsschäden seien beim Trinken aus Dosen zwar nicht zu befürchten, jedoch trage der Schadstoffgehalt zur Gesamtbelastung des Menschen mit Bisphenol A bei. Bisphenol mehr...
- Gesundheitsreform: Bundesregierung darf nicht gegen den Willen der Bevölkerung handeln Berlin (ots) - Zur neu gebildeten Regierungskommission für die geplante Gesundheitsreform erklärt SoVD-Präsident Adolf Bauer: Die von der Bundesregierung angestrebte Gesundheitsreform darf nicht hinter verschlossenen Türen diskutiert werden. Vielmehr ist es notwendig, eine breite gesellschaftliche Debatte darüber zu führen, wie die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland zukunftsfest gestaltet werden kann. Aktuelle Studien zeigen, dass eine Mehrheit der Bürger die gesetzliche Krankenversicherung beibehalten und stärken will. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|