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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Hirtenbrief des Papstes

Geschrieben am 21-03-2010

Bielefeld (ots) - »Schande und Reue« - deutlicher als Papst
Benedikt XVI. es in seinem Hirtenbrief getan hat, kann man ein
Schuldeingeständnis nicht formulieren. Dass der Papst Deutschland
unerwähnt lässt und seine Botschaft ausschließlich auf Englisch und
Italienisch veröffentlicht, schmälert nicht die Geste des verbalen
Kniefalls. Die Leviten, die Benedikt der irischen Kirche liest,
gelten dem gesamten katholischen Weltkreis. Die Täter müssten sich
nicht nur vor Gott, sondern auch vor weltlichen Gerichten für ihre
Sünden verantworten: Das ist als klare Handlungsanweisung gegen
jedwede Vertuschung zu verstehen.
Die Enttäuschung bei den deutschen Missbrauchsopfern ist dennoch
nachvollziehbar. Sie fühlen sich vom deutschen Papst durch ihre
Nichterwähnung alleingelassen. Ein Wort des Bedauerns, einen Halbsatz
mit der Aussage »auch in Deutschland« hatten sie erhofft. Die Kritik
am Umgang mit den Missbrauchsfällen wäre damit zwar nicht verstummt,
zumindest aber eingedämmt worden. Benedikt hat das Richtige gesagt,
aus Sicht der Opfer aber noch nicht genug.
Doch der Papst versteht sich nun einmal nicht als Krisenmanager,
sondern als spirituelles Oberhaupt der Weltkirche. Diesen Umstand
verkennen jene Kritiker, die sich darüber beklagen, der Papst blende
die »strukturellen Ursachen« für den Missbrauch unter dem Dach der
Kirche aus - als da seien das Zölibat, das Prinzip des unbedingten
Gehorsams, der Ausschluss von Frauen aus dem Priesteramt. Dabei
bedarf es längst nicht mehr eines Papstwortes, um die Diskussion über
die Verfassung der katholischen Kirche zu eröffnen. »Mischt euch
ein!«, lautet der unüberhörbare Aufruf des Diözesankomitees im
Erzbistum Paderborn. Da sitzen keine atheistischen Kirchenhasser, da
spricht die Basis, die ihre Kirche nicht verlassen, sondern besser
machen will. Die Laien werden weiter nachdrücklich jene Fragen
stellen, auf die die Kirche bislang keine Antworten gibt.
Das Missbrauchsproblem sei weder ein rein irisches noch ein rein
kirchliches, schreibt der Papst. Das klingt wie der Versuch einer
Relativierung, ist aber eben auch schreckliche Wahrheit. Die
ungezählten Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule, die als
reformerischer Gegenentwurf zur Disziplin-und-Gehorsam-Pädagogik
gefeiert wurde, sind Beweis genug, dass es auch in vorgeblich
hierarchiefreien Räumen Hierarchen gibt, die ihre Macht subtil
ausnutzen. Auch diese Fälle wurden vertuscht - nicht zuletzt durch
die unverständliche Zurückhaltung der Strafverfolgungsbehörden noch
in den 90er Jahren. Wie viele Kinder auch heute noch in ihrer eigenen
Familie oder im privaten Umfeld missbraucht werden, ist gar nicht
abzuschätzen.
Macht Eure Kinder stark! Kümmert Euch, wenn sie bekümmert sind! Das
ist der einzige Ratschlag, der allen Eltern und der Gesellschaft mit
auf den Weg gegeben werden kann. Kinder brauchen Schutz und Respekt.
In der Kirche wie außerhalb.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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