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Börsen-Zeitung: Unter Volldampf, Kommentar von Stephan Lorz zum enormen Wachstum der chinesischen Wirtschaft

Geschrieben am 15-04-2010

Frankfurt (ots) - Schon die Aufzählung der konjunkturellen
Eckdaten Chinas lässt Ökonomen mit der Zunge schnalzen: 11,9% betrug
das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal 2010, so viel wie seit drei
Jahren nicht mehr. Der Einzelhandelsumsatz legte zuletzt um 18% zu,
die Industrieproduktion um 26%. Dimensionen, derer man hierzulande
längst entwöhnt ist. Die Krise ist vergessen, die
Weltwirtschaftslokomotive China steht wieder unter Volldampf - und
zieht alle anderen noch schwächelnden Industrienationen mit sich.
Allein die Ausfuhren Deutschlands nach China sind seit Jahresbeginn
um mehr als 35% gestiegen. Die deutsche Exportindustrie gerät ins
Frohlocken. Denn China wird zum Retter heimischer Arbeitsplätze.
Lassen wir die chinesische Lokomotive also ruhig weiter einheizen?

Doch schon seit längerem sind erste Gefahrensignale auszumachen:
Die Inflation zieht wieder an. Sie liegt mit 2,4% vor dem Hintergrund
der enormen Wachstumsdynamik zwar noch auf einem akzeptablen Niveau,
doch zeigen erste Märkte bereits deutliche Überhitzungserscheinungen.
Immobilienkäufer etwa lassen sich auch durch eine künstliche
Kreditverknappung durch die Regierung nicht von weiterem Engagement
abhalten: Um gut 35% legten die Immobilieninvestitionen Anfang 2010
zu. Das ist nicht mehr mit aufgestautem Wohnungsbedarf zu erklären.
Eine Blase bläht sich auf und könnte im Falle ihres Platzens die
ganze chinesische Wirtschaft ins Chaos stürzen. Die Turbulenzen im
Zuge der jüngsten Finanzkrise sind hierfür das abschreckende
Beispiel. Angesichts der immensen sozialen Spannungen in China eine
höchst gefährliche Entwicklung.

Entscheidend ist nun, dass Regierung und Notenbank die Zügel
entschiedener anziehen als bislang. Die Zentralbank ist zuletzt nur
durch eine Begrenzung der Kreditvergabe auf die Bremse getreten und
hat die Mindestreservesätze angehoben. Das scheint nicht so zu
wirken. Um eine Anhebung der Leitzinsen kommt sie wohl nicht herum.
Und Peking wird sich auf eine weitergehende Lockerung der
Wechselkurspolitik einlassen müssen. Die jüngsten scharfen
Forderungen aus den USA haben hier wohl eher eine Blockadehaltung
bewirkt. Andere Staaten wie Singapur - Wachstum 32% im ersten Quartal
2010 - sind diesen Schritt schon gegangen und haben die
Währungsbremse wirken lassen.

(Börsen-Zeitung, 16.4.2010)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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