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Neue Westfälische (Bielefeld): NRW nach der Wahl Die Demokratie braucht Partner THOMAS SEIM

Geschrieben am 10-05-2010

Bielefeld (ots) - Die Wähler in NRW haben den Politikern mit dem
Wahlergebnis einen soliden Auftrag erteilt: Regieren Sie! So soll es
sein. Leider allerdings kneifen die Demokraten - oder einige von
ihnen - gerade vor ihrer demokratischen und staatsbürgerlichen
Pflicht. Das darf man ihnen nicht durchgehen lassen. NRW ist nicht
das Saarland oder Thüringen. Bei allem Respekt für die so genannten
kleinen Bundesländer: Wir sprechen hier über die Regierungsbildung in
der siebtgrößten Wirtschaftsnation der Europäischen Union, der
siebzehntgrößten in der Welt, kurz hinter Kalifornien. Hier darf sich
niemand aus der Verantwortung stehlen. Nehmen wir die FDP! Man darf
großen Respekt vor der Partei von Walter Scheel, Hans-Dietrich
Genscher und Otto Graf Lambsdorff haben, auch weil sich die liberale
Partei unter ihren Ehrenvorsitzenden stets als Motor der
gesellschaftlichen Entwicklung verstanden hat. Sie hat mit Scheel und
Genscher die Wende zu einer sozialliberalen Koalition zunächst in
NRW, dann im Bund eingeleitet. Und sie hat mit Lambsdorff den Wechsel
auf ein Modernisierungsbündnis mit der Union eingeleitet. Stets war
sie treibende Kraft. Kann es wirklich sein, dass eine Partei mit
solcher demokratischen Tradition sich dauerhaft bindet an nur eine
politische Option? Gut, man kann einwenden, dass die Partei zu ihrem
Wort stehen muss. So gesehen ist die Haltung der NRW-FDP nach der -
fatalen - Festlegung auf Jürgen Rüttgers und die CDU eine Woche vor
der Wahl verständlich und nachvollziehbar. Nichts schadet einer
politischen Partei so sehr wie mangelnde Wahrhaftigkeit. Außer
vielleicht: Staatsbürgerliche Verantwortungslosigkeit. Diesen Vorhalt
aber wird sich die FDP gefallen lassen müssen, wenn sie SPD und Grüne
an die Seite der Linkspartei treibt, ohne in vertraulichen Runden
ausgelotet zu haben, was geht und was nicht geht. Die Zeit der
Zweier-Koalitionen ist zu Ende. Vorerst. Die Linke ist als
parlamentarische Kraft etabliert. Vorerst. Auch wenn die SPD sich
nach wie vor und zurecht schwertut im Umgang mit der Linkspartei:
Eine Alternative zur Ampel ist sie allemal. Und möglicherweise ist
das für die SPD sogar die einzige Chance, ihre an die Linke
verlorenen Mitglieder wieder zurück zu holen, um sich eine neue
Perspektive für stabile Wahlergebnisse bei 40 Prozent zu verschaffen.
Sicher aber ist: Das System Rüttgers ist abgewählt. Die Union hat
Mühe, ihre Mitte zu finden. Die Kanzlerin - geschwächt und mit
wachsender Furcht vor den stärker werdenden Ministerpräsidenten Wulff
und Koch - kassiert eine Koalitionsvereinbarung nach der anderen. Sie
fürchtet ihre Parteifreunde inzwischen mehr als den aufrechten Gang
einer einstmals stolzen, Kanzler und Ministerpräsidenten machenden
FDP. Was also hält die Liberalen mit Nibelungentreue an der Seite der
Union, wenn sie mit SPD und Grünen eine Alternative zu Rot-Rot-Grün
schaffen kann? Demokratische Legitimation kann es nicht sein,
staatsbürgerliche Verantwortung auch nicht.

Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


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