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Neue Westfälische (Bielefeld): Kochs Sparvorschläge Kurzsichtig BERNHARD HÄNEL

Geschrieben am 14-05-2010

Bielefeld (ots) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die
Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen, doch die Länder Hessen und
Sachsen wollen das Geld dafür sparen. Zu teuer sei das Projekt der
Parteifreundin, meint Hessens Ministerpräsident Roland Koch und
stellt die Garantie eines Betreuungsplatzes für Kinder unter drei
Jahren sowie Investitionen in bessere Bildungschancen in Frage. Mehr
Geld mache ohnehin nicht klüger, assistiert sein sächsischer Kollege
Stanislaw Tillich. Eine Woche nach der Wahlniederlage für
Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen kennen führende Christdemokraten
keine Tabus mehr. Nicht nur die im Koalitionsvertrag vereinbarten
Steuersenkungen sind vom Tisch, sondern sämtliche Überlegungen für
die Zukunftsfähigkeit des deutschen Sozialstaats. Zwar gehen
Bildungsinvestitionen nahezu komplett an die junge Generation, dienen
aber zugleich Beschäftigten und Ruheständlern. Nur ein gut, nein
bestausgebildeter Nachwuchs kann in einer modernen
Industriegesellschaft, zudem rohstoffarm wie Deutschland, seine und
zugleich der Eltern und Großeltern Wohlfahrt gewährleisten. Dabei
wissen die Jugendlichen um die Herkules-Aufgabe, die vor ihnen steht.
Ihre dereinstigen Renten reichen nicht zur Sicherung des eigenen
Ruhestandes. Nur mit privater Vorsorge wird ihr Alter würdevoll sein
können. Rente ist Anerkennung für Lebensleistung, erarbeitet und
bezahlt wird sie durch die Arbeit der Generation der eignen Kinder.
Da sich die Deutschen aus diesem Vertrag zunehmend verabschiedet und
sich zudem einen Berg von Schulden geleistet haben, ist das Ende der
Fahnenstange nahe. Nur kluge und einsichtige Politik kann diesen
Prozess vermeiden. Wer an der Bildung sparen will, ignoriert den
Kernkonflikt der Bundesrepublik Deutschland oder scheut die
Antworten. 1.706.602.541.398 Euro betrug am Freitag um 15.33.28 Uhr
der Schuldenstand der Republik. Pro Sekunde kamen 4.481 Euro hinzu.
Ihn tilgen, so unserer aller Erwartung, soll die heranwachsende
Generation, die dieses Erbe nicht einmal ausschlagen kann. Wer die
Bildungsausgaben niedrig halten, sie gar weiter beschneiden will,
muss eingestehen, dass damit Statuserhalt gegen Statuserwerb steht.
Heutige Auszubildende, ob im Kindergartenalter, ob Schüler, Lehrlinge
oder Studierende, können die ihnen bevorstehenden Aufgaben nur
meistern, wenn sie eine Ausbildung erhalten, die sie erheblich
produktiver und einfallsreicher macht als vorangegangene
Generationen. Investitionen in die Köpfe und in ein Bildungssystem,
das stetig weniger Menschen zurücklässt, sind darum unverzichtbar.
Statuserhalt mag der Denkweise eines konservativen Politikers wie
Roland Koch entsprechen. Zukunftsfähig ist sie nicht. Wer den
bevorstehenden Verteilungskampf friedlich gestalten will, muss ihn
moderieren und darf nicht einseitig die Lasten verteilen. Dann aber
gehören alle Transferleistungen auf den Prüfstand und nicht nur die
Bildungsausgaben.

Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65487
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65487.rss2

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


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