Lausitzer Rundschau: Kein Sonderrecht Zum Urteil gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten Tauss
Geschrieben am 28-05-2010 |
Cottbus (ots) - Jörg Tauss konnte eigentlich nicht ernsthaft
glauben, vor dem Karlsruher Landgericht ungeschoren davonzukommen. Zu
erdrückend ist die Beweislast, dass sich der 56-jährige ehemalige
SPD-Bundestagsabgeordnete aus privaten Motiven kinderpornografischen
Schmutz verschafft hatte. Ob dabei grenzenlose Naivität im Spiel war
oder tatsächlich eine pädophile Neigung, ist eher zweitrangig. Als
Medienexperte seiner Ex-Partei hatte sich Tauss vor Gericht stets auf
eine Ausnahmevorschrift berufen, wonach der Besitz
kinderpornografischen Materials im Rahmen dienstlicher oder
beruflicher Pflichten nicht unter Strafe steht. Doch warum wurden
dann sämtliche Beweisstücke außerhalb seiner Diensträume gefunden?
Und warum hat sich der Medienexperte nicht Fachkollegen anvertraut,
ja nicht einmal engsten Freunden? Das passt schlecht zu seinen
Unschuldsbeteuerungen. Wenn Tauss vorgibt, via Internet und Handy in
der einschlägigen Szene recherchiert zu haben, um einen
Kinderporno-Ring dingfest zu machen, dann ist das ungefähr so, als
würde die Bundesdrogenbeauftragte Heroin ankaufen, um damit in der
Rauschgift-Szene auf Verbrecherjagd zu gehen. Auch das kann eine
demokratische Gesellschaft nicht tolerieren. Mit der verhängten
Bewährungsstrafe gegen Tauss haben die Richter denn auch klar
gestellt, dass es hier keine Sonderrechte für Abgeordnete gibt. Es
wäre schon sehr merkwürdig, wenn eine höhere juristische Instanz, die
Tauss nun anrufen will, diesen Grundsatz kippt. Die Verfolgung von
Kinderpornografie ist Sache der zuständigen Behörden. Und dabei muss
es auch bleiben.
Originaltext: Lausitzer Rundschau
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