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Börsen-Zeitung: Kurs auf die Parität, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 04-06-2010

Frankfurt (ots) - Ein paar Tage lang sah es an den europäischen
Kapitalmärkten nach einer Beruhigung aus. Der Dax kletterte bis auf
6054 Punkte, der Euro rückte bis auf über 1,23 Dollar vor. Nicht
wenige Marktteilnehmer schöpften bereits Hoffnung, dass nun das
Schlimmste überstanden sein könnte. Am Freitag hat sich jedoch wieder
einmal gezeigt, wie labil die Lage in Wirklichkeit ist. Unbedachte
Äußerungen eines führenden französischen Politikersund leicht unter
den Erwartungen hereingekommene Daten vom US-Aktienmarkt haben dazu
beigetragen, dass die Ängste erneut in den Vordergrund rücken. Der
Euro ist unter 1,20 Dollar gesunken, womit er ein Vierjahrestief zum
Greenback markiert. Der Dax taucht wieder unter 6000 Punkte ab, und
die Credit Spreads auf Staatsanleihen der hoch verschuldeten
Peripherieländer der Europäischen Union sind kräftig gestiegen. Diese
Spreads von Credit Default Swaps zeigen an, wie viel es kostet, sich
als Investor gegen den Ausfall der Bonds zu versichern.

Zumindest zu einem gewissen Teil darf sich die Misere an den
Märkten François Fillon zuschreiben. Der französische Premierminister
hat am Freitag angemerkt, er halte die Parität von Euro und Dollar
für eine ausschließlich gute Nachricht. Als man in seinem Umfeld nach
kurzer Zeit bemerkte, dass die Äußerungen den Kurs des Euro in einem
nicht unerheblichen Maß unter Druck setzen, gab es umgehend eine
Korrektur: Mit dem Wort "Parität" habe man selbstverständlich nicht
die Parität gemeint, sondern auf die generelle Entwicklung des
Wechselkurses von Euro und Dollar angespielt. Die "Klarstellung" hat
nicht viel geholfen. Auch nach der Korrektur kam es nicht zu einer
spürbaren Erholung der Gemeinschaftswährung, im Gegenteil: Erst am
späten Nachmittag tauchte der Euro unter die Marke von 1,20 Dollar.

Es gab noch mehr Ungemach: Gemäß den viel beachteten
Arbeitsmarktdaten sind in den USA im Mai netto 431000 neue Jobs
geschaffen worden. Dies ist zwar an sich positiv, allerdings hatten
US-Ökonomen im Durchschnitt mit einem Anstieg um 515000 Arbeitplätze
gerechnet. Zudem hängt der Anstieg der Beschäftigung vor allem damit
zusammen, dass die Durchführung einer staatlichen Volkszählung für
nicht weniger als 410000 zeitlich befristete Arbeitsplätze gesorgt
hat.

Belastet haben auch die von der neuen ungarischen Regierung
gegebenen Hinweise auf ein deutlich höheres Haushaltsdefizit in dem
mitteleuropäischen Land: Sie sorgen für noch mehr Skepsis gegenüber
dem Euro und den europäischen Aktien.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Talfahrt des Euro
auch in der neuen Handelswoche weitergehen wird. Zur Vorsicht raten
daher die Analysten der DZ Bank. Zwar setzte sich die Erkenntnis
durch, dass der aktuelle Eurokurs gar nicht so niedrig sei und sogar
nahe am fundamental fairen Wert der Gemeinschaftswährung liege. Dies
sei jedoch nur ein schwacher Trost und kein Indiz dafür, dass man
sich auf diesem Niveau halten könne. Der Euro bleibe angeschlagen,
betonen sie.

Folgt man den Einschätzungen der Analysten von Morgan Stanley, ist
für den jüngsten Schwächeanfall an den Märkten zu einem wesentlichen
Teil das negative Sentiment der Investoren verantwortlich. Die Märkte
seien zu pessimistisch hinsichtlich des globalen konjunkturellen
Ausblicks. So gebe es bislang keinerlei Hinweise, dass außerhalb der
Eurozone die Turbulenzen an den Kapitalmärkten die Realwirtschaft
erreicht hätten. Dem Euro dürfte das wenig nützen: Die Analysten
gehen davon aus, dass stärker als erwartet ausfallende amerikanische
Makrodaten dem Dollar unter die Arme greifen werden.

Hinzu kommt die geldpolitische Perspektive: Es zeichnet sich
mittlerweile klar ab, dass die amerikanische Notenbank deutlich eher
mit den Zinserhöhungen beginnen wird als die Europäische Zentralbank
(EZB), die daran mitzuwirken hat, dass die Schuldenkrise nicht außer
Kontrolle gerät. So gesehen könnten die unbedarften Äußerungen des
französischen Ministerpräsidenten gleichwohl richtungsweisend sein:
Der Euro dürfte in den kommenden Wochen Kurs auf die Parität zum
Dollar nehmen.

(Börsen-Zeitung, 5.6.2010)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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