WAZ: Weniger Verständnis für Kinder - Nur noch Oasen - Leitartikel von Birgitta Stauber-Klein
Geschrieben am 15-06-2010 |
Essen (ots) - Tyrannische Vermieter gab es schon immer. Und die
griesgrämige Alte von nebenan auch. Früher waren es allerdings
Kinderhorden, die sich zwischen Mehrfamilienhäusern die Bälle
zukickten. Heute ist dort nichts mehr los, weil es in so manchem
Wohngebiet kaum noch Kinder gibt. Obendrein grenzen sich die
Generationen immer weiter voneinander ab. Hier das Familienhotel, wo
Kinder mit Events von früh bis spät überhäuft werden, dort die
exklusive Wellnessanlage "garantiert ohne Kinder". Hier das
Restaurant, das Kindern Pizza, Pommes und Spaghetti zum
Sensationspreis anbietet und Spielzeug noch dazu, dort der Italiener
mit dicken Tischdecken, wo der fehlende Hochstuhl signalisiert, wer
dort nichts verloren hat. Hier das Viertel der kinderreichen
Multi-Kulti-Familien, dort die ruhige Wohngegend mit Senioren, die
seit Jahrzehnten nicht mehr umgezogen sind. Auch wenn es noch Oasen
des Miteinanders zwischen Jung und Alt gibt - der Trend zur Trennung
der Generationen schreitet voran. Das mag die Urlaubsplanung
erleichtern und vielleicht auch den Alltag. Doch die gegenseitige
Toleranz wird weiter schwinden. Bis man nicht nur die andere
Generation, sondern einfach den Nächsten nicht mehr ertragen kann.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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