Neue Westfälische (Bielefeld): Schere zwischen Arm und Reich wird größer Das schützende Tabu HANNES KOCH, BERLIN
Geschrieben am 15-06-2010 |
Bielefeld (ots) - Bisher haben wir Glück gehabt. In den
Niederlanden, der Schweiz, Österreich und anderen Nachbarländern
bestimmen neu-rechte Parteien mit unappetitlichen Programmen die
Politik. Deutschland dagegen ist der fremdenfeindliche
Rechtspopulismus bislang weitgehend erspart geblieben. Seltsam
eigentlich, haben doch die Bundesregierungen in den vergangenen
Jahren eine Politik der sozialen Spaltung betrieben, die
Ressentiments und Fremdenhass durchaus Vorschub leisten kann. Genau
davor warnte am Dienstag das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung. Durch Hartz IV und andere Ursachen habe sich
die soziale Spaltung in Deutschland vertieft, so die Forscher. Die
Armen würden ärmer, die Reichen reicher. Wenn die Regierung so
weitermache, könnten sich Abstiegsangst und Fremdenhass gerade
innerhalb der Mittelschicht verbreiten. Ist diese Befürchtung
begründet? Leider ja. Wenn Menschen der Verlust ihres sozialen Status
droht, neigen sie oft dazu, nach unten zu treten. Warum aber
existiert dann in Deutschland keine Partei, die die Statusangst der
Mittelschicht bundesweit in Parlamentssitze ummünzt? Über regionale
Erfolge etwa in Sachsen sind die Rechten ja bisher nicht
hinausgekommen. Ein Grund dürfte wohl sein, dass den Rechtspopulisten
eine Führungsfigur fehlt, die bürgerliche Werte und Fremdenhass
glaubwürdig miteinander verbindet. Roland Koch könnte es
wahrscheinlich, wenn er wollte. Aber er will nicht. Das wiederum
liegt daran, dass über Deutschland immer noch das Tabu des
Nationalsozialismus schwebt. Wer es verletzt, wird augenblicklich
exkommuniziert. Solange dies so ist, kann sich die Berliner Regierung
auch weiterhin ungestraft eine Politik der sozialen Ausgrenzung
leisten.
Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
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