Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Einkommensstudie
Geschrieben am 15-06-2010 |
Bielefeld (ots) - Es hat etwas von einem Ritual: Vor Wahlen
betonen Politiker jeder Couleur, vor allem das Wohl des
Normalverdieners, des gesellschaftlichen Mittelstandes im Sinn zu
haben. Ebenso regelmäßig verkünden Wirtschaftsforschungsinstitute den
Niedergang der Mittelschicht. Dass sich zwischen politischem Anspruch
und gesellschaftlicher Realität eine Kluft auftut, bestätigt die
Studie des gewerkschaftsnahen Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW) erneut. Dabei sollten die Zahlen und vor
allem die daraus gezogenen Schlüsse, die gerne nach politischer
Vorliebe instrumentalisiert werden, mit Vorsicht betrachtet werden.
Denn was heißt arm? Und wer ist tatsächlich reich? Laut DIW gilt
derjenige als wohlhabend, der als Single netto mehr als 1844 Euro im
Monat verdient - wahrlich keine Summe, die dieser Bezeichnung
angemessen ist. Arm ist demnach derjenige, der über weniger als 860
Euro verfügt. Das trifft schon eher den Kern, ist aber von einer
Armutsdefinition nach internationalen Maßstäben noch weit entfernt -
ohne dass dies die Not der hierzulande Betroffenen mindert. Die Frage
der Begrifflichkeit ist aber zweitrangig. Tatsache ist, dass sich die
Einkommensschere im vergangenen Jahrzehnt weiter geöffnet hat. Auf
der einen Seite ist dies nicht zu beklagen: Bei den so genannten
»Reichen« legte der Durchschnittsverdienst um etwa 100 Euro auf 2672
Euro zu. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung stieg leicht auf 16,8
Prozent. 2008, vor der Krise, lag er sogar bei fast 19 Prozent.
Anders am Ende der Skala: Das durchschnittliche Nettoeinkommen der
wachsenden Gruppe der Geringverdiener ist sogar gesunken. Der Ruf
nach Mindestlöhnen ist hier nur verständlich. Dass solche »prekären
Einkommensverhältnisse« vielfach staatlich subventioniert werden, ist
ein Skandal. Denn nicht wenige Erwerbstätige müssen als so genannte
Aufstocker Hartz-IV-Leistungen beantragen, um auf das Niveau der
gesetzlichen Grundsicherung zu kommen. Auch das angekündigte
Sparpaket, das selbst in den Reihen der Regierungsparteien umstritten
ist, da Besserverdiener weitgehend verschont bleiben, stärkt nicht
gerade den sozialen Frieden. Das DIW warnt deshalb schon vor
Abstiegsängsten und einer »Statuspanik« der Mittelschicht. Inwieweit
diese berechtigt oder nur Stimmungsmache sind, bleibt Spekulation. Es
ist allerdings unbestritten, dass »die Sicherung der Mitte eine
wichtige Voraussetzung für die Stabilität demokratischer
Entscheidungsprozesse« ist, wie es die Verfasser der Studie
formulieren. Was die Studie noch zeigt: Die beste Versicherung gegen
Armut sind Bildung und Qualifikation. Denn in Zeiten der Krise
verlieren gering Qualifizierte als erste ihren Job. Also:
Branchenspezifische Mindestlöhne, gerechtes Sparen und Investitionen
in Bildung - mit diesem Dreiklang könnte es gelingen, das politische
Ritual mit der Realität zu versöhnen.
Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
274294
weitere Artikel:
- LVZ: Gauck wirft Lafontaine Infamie und Unterminierungs-Strategie gegenüber den mit ihm sympathisierenden Links-Delegierten für die Bundesversammlung vor Leipzig (ots) - Der Kandidat für das Bundespräsidentenamt, der
frühere DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck hat empört auf die
Vorhaltungen des früheren Vorsitzenden von Linkspartei und SPD, Oskar
Lafontaine, gegenüber stern.de reagiert, er könnte zu DDR-Zeiten von
Stasi-Privilegien profitiert haben. Gegenüber der "Leipziger
Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe) sagte Gauck dazu: "Wenn an dem Tag,
an dem die Öffentlichkeit darüber spekuliert, ob die Linkspartei mich
zum Gespräch einzuladen möchte, ungeheuerliche Unterstellungen über
ein mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Kirgistan Bielefeld (ots) - In Kirgistan, dem sozial zerrissenen Kleinstaat
zwischen China und Russland, wird das Leid der Menschen jetzt jeden
Tag deutlicher. Auch wenn das Schießen nachlässt, fangen Not, Elend
und Sterben gerade erst an. Die Usbeken hatten nach der Ablösung von
Präsident Kurmanbek Bakijew im Mai inständig auf mehr Freiheiten
unter der neuen Führung gesetzt. Vergebens. Der ethnische Terror
gegen die Volksgruppe der Usbeken in Kirgistan nach dem vom Balkan
leidlich bekannten Muster zeigt, was wirklich los ist. Damit wird mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Apples iPhone Bielefeld (ots) - Für die einen ist es einfach nur schick. Sie
schätzen das Design des iPhone. Andere sind begeistert, dass sie mit
dem Smartphone nicht nur Telefonieren und Musik hören, sondern auch
im Internet surfen können und etliches mehr. Schließlich gibt es eine
Gruppe, die als Technikfreaks nicht am Apples iPhone vorbeikommen -
koste es, was es wolle. Wieder einmal hat es Konzern-Chef Steve Jobs
geschafft, bei den Verbrauchern Begehrlichkeiten zu wecken -
Begehrlichkeiten, die die Kassen des Unternehmens füllen. Dabei sind mehr...
- Südwest Presse: Kommentar zum Thema Arm und Reich Ulm (ots) - Arme werden immer ärmer, Reiche werden immer reicher.
Auf diese platte Formel bringt das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung (DIW) die Ergebnisse seiner Studie über die
Einkommensverteilung in Deutschland. Damit bedient es eine weit
verbreitete Meinung: Die Einkommenskluft in Deutschland wird immer
größer. Wer sich die Untersuchung der Berliner Forscher etwas näher
ansieht, wird den Verdacht nicht los, dass da etwas zu viel Ideologie
im Spiel ist. Das beginnt mit der Wahl der Jahre, die verglichen
werden. 2000 mehr...
- Deutsches Institut für Menschenrechte unterstreicht Kritik des UN-Berichterstatters an zu engem Rassismusbegriff Berlin (ots) - Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt
den heute im UN-Menschenrechtsrat vorgestellten Bericht des
UN-Sonderberichterstatters zu Rassismus, Githu Muigai, über seinen
Besuch in Deutschland im Juni 2009. "Das Institut unterstreicht
besonders die Empfehlung des UN-Sonderberichterstatters, dass Bund,
Länder und Kommunen ihrem Handeln ein erweitertes Verständnis von
Rassismus zugrunde legen sollen", so Beate Rudolf, Direktorin des
Deutschen Instituts für Menschenrechte. Gleiches gelte für
Institutionen wie mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|