Börsen-Zeitung: Das Geschäft mit der Angst, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
Geschrieben am 30-07-2010 |
Frankfurt (ots) - Wie sehr der Devisenmarkt für Überraschungen gut
ist, zeigt derzeit die Gemeinschaftswährung. Vor wenigen Wochen
schien eine Abwertung bis auf die Parität zum Greenback vielen
Marktteilnehmern unausweichlich. Diese Einschätzung ist mittlerweile
ebenso gründlich widerlegt worden wie die Meinung mancher Beobachter,
dass die im Juni begonnene Gegenbewegung kurzlebig sein und nicht
weit führen werde. In sehr kurzer Zeit ist der Euro von 1,19 auf 1,30
Dollar gestiegen, um in der gerade beendeten Handelswoche auch noch
an der Marke von 1,31 Dollar zu schnuppern. Die Korrektur war
überfällig und ist durch die immensen Short-Bewegungen verstärkt
worden. Sie ist aber auch fundamental erklärbar, so z.B. durch
überraschend robuste Konjunkturdaten aus dem Euroraum bei
gleichzeitig enttäuschenden Indikationen aus der US-Wirtschaft.
Endzeitstimmung verflogen
Hauptantriebskraft ist jedoch die sich abschwächende
Risikoaversion, d.h. die nachlassende Angst der Investoren, wodurch
die Flucht in den Dollar ein Ende fand. Die Schuldenkrise hat an
Schrecken verloren, und die gefürchteten Banken-Stresstests sind
glimpflich über die Bühne gegangen. Außerdem fällt die Berichtssaison
der Unternehmen insgesamt recht gut aus. Auch wenn die enttäuschenden
US-Konjunkturdaten für Verunsicherung sorgen, ist von der
Endzeitstimmung, die im Juni auf dem Höhepunkt der von der
Schuldenkrise ausgelösten Marktturbulenzen bestand, nichts mehr zu
spüren.
Nicht für alle Anlageformen ist die Stimmungsaufhellung an den
Finanzmärkten erfreulich. Sichere Anlagen wie Bundesanleihen stehen
seither unter Druck. Getroffen wurde auch der neue Liebling des
deutschen Anlegers: Gold. Im Juni noch auf einem Rekordhoch von 1265,
ist die Feinunze auf 1180 Dollar gesunken. Damit hat sie 7% eingebüßt
und das niedrigste Niveau sei fünf Monaten erreicht. Dadurch erleben
diejenigen Anleger, die sich auf der Suche nach Sicherheit im Juni in
Gold-Investments geflüchtet haben, ein böses Erwachen. Die
Gold-Hausse wird von eindeutigen Übertreibungssymptomen begleitet,
von denen Alarmsignale ausgehen. Wenn sie schon von Taxifahrern mit
den heißesten Aktientipps beglückt werden, dann wissen erfahrene
Börsianer, dass es Zeit wird, sich nach anderen Anlagen umzuschauen.
Aktien sind heute out. Dafür stößt man beim Friseur auf Magazine, die
auf der Frontseite für Goldanlagen trommeln, und erfährt, dass so
ziemlich alle Kunden derzeit vom gelben Edelmetall schwärmen und es
kaufen. Blieben Edelmetallhändler vor nicht allzu langer Zeit auf
ihren Münzen und Barren sitzen, sind sie jetzt ausverkauft und müssen
die herandrängende Kundschaft vertrösten. Das erinnert fatal an den
Neuen Markt, als Unternehmen und Konsorten nicht mehr in der Lage
waren, genug Aktien zu drucken, um die heranstürmenden Anlegermassen
zu bedienen.
Die Erfahrung von Hyperinflation und Währungsreform macht die
Deutschen, von denen viele dem Euro nach wie vor nicht so recht
trauen, besonders anfällig für den Goldrausch. Das wissen leider
nicht nur die seriösen Anbieter von Gold und darauf bezogenen
Produkten. Weniger vertrauenswürdige Geschäftemacher heizen die
unterschwelligen Ängste bewusst an, indem sie den Zusammenbruch des
Euro oder der hochverschuldeten USA beschwören und ihren Opfern den
totalen Vermögensverlust ankündigen. Es steht zu befürchten, dass
nicht wenige darauf reinfallen und viel zu hohe Goldanlagen zu hohen
Kursniveaus eingehen oder sich "Ratgeber"-Produkte aufschwatzen
lassen, deren Kostspieligkeit mit ihrer Nutzlosigkeit positiv
korreliert.
Illusion der Sicherheit
Auf jeden Rausch folgt der Kater. Gerade die in Euro rechnenden
Anleger bekommen das nun zu spüren. Denn neben dem Preisrückgang bei
Gold müssen sie auch noch für die nachlassende Risikoaversion büßen.
Denn der fallende Dollar fügt noch schmerzhafte Währungsverluste
hinzu. In Euro gerechnet verdoppelt sich der Verlust gegenüber dem
Rekordhoch vom Juni auf 14%. Sicherheit mit Gold ist nur noch eine
Illusion.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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