Neue Westfälische (Bielefeld): NRW-CDU sucht neue Führung Spannende Alternative THOMAS SEIM
Geschrieben am 17-08-2010 |
Bielefeld (ots) - Mal abgesehen von der Inthronisierung der ersten
Frau im Ministerpräsidentenamt von NRW ist die CDU derzeit die
eindeutig spannendere Partei in Nordrhein-Westfalen. Heute wird
Norbert Röttgen offiziell seine Kandidatur für den Parteivorsitz des
mitgliederstärksten Landesverbandes erklären. Er eröffnet damit einen
Kampf um die Macht in der CDU an Rhein und Ruhr, der weit über NRW
hinausreicht. Die Richtungsfrage: Mit Norbert Röttgen und Armin
Laschet treten zwei völlig unterschiedliche Politikkonzepte
gegeneinander an. Röttgen ist ein brillanter strategischer Kopf, der
Politik aus einem konservativen Geist heraus formulieren kann. Er
verbindet diese Inhalte mit einem großstädtischen, weltmännischen
Auftreten. Das befreit ihn von jeglichem Verdacht eines
kleinbürgerlichen Provinzialismus. Armin Laschet, der erste
Integrationsminister in einem Bundesland, verkörpert die
fortschrittlich-aufklärerische Seite der großstädtischen CDU. Er hat
über Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die damalige
Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth gearbeitet und - nicht unwichtig
für seine politische Positionierung - er initiierte einen offenen
Brief gegen Roland Koch, mit dem er dem hessischen
Ministerpräsidenten während des Wahlkampfs in Hessen in den Rücken
fiel. Laschet stammt aus Aachen, einer Großstadt, die sich durchaus
einen Teil ihrer identitätsbildenden Provinzialität erhalten hat. Das
ist eine klare Alternative für die CDU-Mitglieder in NRW. Die
Unterstützer: Laschet ist der Kandidat der vereinigten Merkelianer in
der CDU. Es ist kaum übersehbar, dass er mit der Hilfe von
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe und Kanzleramtsminister Ronald
Pofalla die CDU im Rheinland und auch die in (Ost-)Westfalen hinter
sich versammeln konnte. Röttgen verfügt nicht über solche
Parteitruppen. Unterschätzen darf man seine Fähigkeit der
Machtsicherung gleichwohl nicht. Röttgen, 2006 als
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie im
Gespräch, gewann erst 2009 eine Kampfabstimmung um die Macht im
Bezirk Mittelrhein gegen den damaligen Rüttgers-Vertrauten Andreas
Krautscheid, der heute Laschet unterstützt. Er kann also Mehrheiten
im Kampf gewinnen. Das Rennen ist offen. Die Machtfrage: Das Berliner
Interesse, vor allem das der Kanzlerin, an der CDU in NRW ist vor
allem ein strategisches. Gewinnt Röttgen in NRW, dann hat Angela
Merkel wieder einen mächtigen Gegenspieler am Kabinettstisch, der
etwa ein Drittel aller CDU-Mitglieder repäsentiert. Das entspricht
nicht dem Führungsstil, mit dem Merkel bislang alle ernst zu
nehmenden Konkurrenten aus der Politik entsorgte. Für Armin Laschet
ergibt sich daraus das Risiko, dass er im Kampf um NRW gegen Röttgen
als Statthalter der Kanzlerin wahrgenommen wird. Das könnte ihn - von
heute aus betrachtet - eher Stimmen kosten. So oder so: Das Rennen um
die Macht in der NRW-CDU wird spannend. Spannender als es jetzt
vielleicht noch erwartet wird.
Originaltext: Neue Westfälische (Bielefeld)
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