Westdeutsche Zeitung: Sarrazin = von Martin Vogler
Geschrieben am 10-09-2010 |
Düsseldorf (ots) - Mit Sarrazins offiziell freiwilligem Rückzug
aus dem Bundesbank-Vorstand scheint eine an Aufgeregtheit kaum zu
überbietende Affäre ihr Ende zu finden. Tut sie aber nicht. Denn der
Fall kann noch lange nicht zu den Akten gelegt werden. Zu viel ist
beschädigt und ungeklärt. Fest steht nur, dass es keine Sieger, aber
bei wohlwollender Betrachtung zwei Gewinner gibt. Der eine ist der
Bundespräsident, der heilfroh ist, nicht mehr über den Rauswurf
Sarrazins entscheiden zu müssen. Wulff kann somit einen Fehlstart im
höchsten Staatsamt vermeiden, bleibt dennoch wegen seiner vorzeitigen
Festlegungen leicht beschädigt zurück. Die Frage, ob nicht ein
eigentlich fähiger Politiker viel zu jung zum Präsidenten gemacht
wurde, bleibt. Zweiter Gewinner ist Sarrazin selbst. Er hat zwar
seinen Job verloren, darf wohl nicht mal auf Abfindung hoffen. Doch
was normale Arbeitnehmer aus der Bahn würfe, wirkt für ihn positiv:
Mit dem Verzicht werden schlagartig die öffentlichen Angriffe an
Schärfe verlieren, denen er wahrscheinlich mental nicht mehr lange
standgehalten hätte. Außerdem braucht er jetzt seine Zeit für
Vortragsreisen und wird dank seiner wirtschaftlichen Situation und
der Einnahmen als Autor finanziell klarkommen. Die Liste der
Verlierer ist länger: Oben steht die Bundesbank, deren einst
unbestrittene Reputation vor allem international gelitten hat.
Vorstandsvorsitzender Axel Weber kann jetzt möglicherweise seinen
Traum vom EZB-Chefsessel vergessen. Außerdem wurde klar, wie
fragwürdig und von politischen Interessen geprägt die Besetzung der
Vorstandsstühle bei dieser eigentlich unabhängigen Institution ist.
Neben der SPD, die innig hofft, Sarrazin möge auch ihr aus eigenem
Antrieb den Rücken kehren, zählen alle Parteien zu den Verlierern.
Das fehlende Gespür der Politiker für die Stimmung der Menschen trat
erschreckend offen zu Tage. Auch am rechten Rand könnten neue
Parteien entstehen. Diese weitere Zersplitterung der
Parteienlandschaft wäre kaum ein Gewinn. Doch in Sarrazins Rückzug
liegt immerhin die Chance, dass sich die Diskussion jetzt
versachlicht. Es geht nicht um eine Person, sondern um Integration.
Das Thema lautet: Deutschland braucht Einwanderer, aber keine
Parallelgesellschaft.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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