Westdeutsche Zeitung: Nicolas Sarkozy gefährdet mehr als seine Karriere - Der Unberechenbare im freien Fall Von Martin Vogler =
Geschrieben am 17-09-2010 |
Düsseldorf (ots) - Vom "Super-Sarko" zum Lügenbold: Das Ansehen
von Nicolas Sarkozy rutscht mit unglaublicher Geschwindigkeit ab.
Wenn das nur das Problem eines überdrehten Selbstdarstellers wäre,
müssten wir uns nicht damit beschäftigen. Doch genaueres Hinschauen
lohnt, denn die Ausrutscher des französischen Präsidenten schaden
auch Deutschland, der Europäischen Union und dem Rest der Welt.
Doch auch für Frankreich selbst sind die Ausraster des ersten
Mannes nicht nur peinlich, sondern bedrohlich. Die Bevölkerung
scheint ihren Präsidenten nur noch mit Skandal- oder
Klatschgeschichten wahrzunehmen. Die Frage, ob Gattin Carla wegen
schlechter Leistungen als Hobby-Schauspielerin aus Woody Allens neuem
Film rausgeschnitten wird, scheint die Nation mehr zu beschäftigen
als politische Veränderungen. Dabei gäbe es für Sarkozy so viel zu
tun. Als er 2007 an die Macht kam, wollte er alles wegarbeiten, was
Vorgänger Chirac liegen gelassen hatte. Doch der Erfolg blieb aus.
Sarkozy ist angesichts ob der Kritik dünnhäutig geworden. Und wenn er
Aktionen, wie die Roma-Ausweisung, startet, tut er dies
undiplomatisch und zu laut.
Mit der absurden Behauptung, Angela Merkel habe ihm gegenüber die
Räumung von Roma-Lagern in Deutschland angekündigt, hat er sich
nochmal gesteigert. Allein die Idee, ausgerechnet Deutschland die
Existenz von Lagern für bestimmte ethnische Gruppe unterzuschieben,
ist entweder infam oder vielleicht auch nur unbedacht. Auf jeden Fall
ist sie für Deutschland rufschädigend, und sie belastet - da mögen
sich Diplomaten verbal noch so winden - das Verhältnis der beiden
Länder.
Wenn die Beziehung zwischen zwei wichtigen Gründernationen der
einstigen EWG krankt, wird das der Entwicklung ganz Europas schaden.
Und ein zu impulsiver Sarkozy könnte noch mehr anrichten. Die
kleineren EU-Staaten hat er bereits vergrämt, als er seinem
Staatssekretär eine deutliche Unterscheidung zwischen kleinen und
großen Mitgliedern erlaubte. Im kommenden Jahr wachsen die
Dimensionen, wenn mit G8 und G20 gleich zwei wichtige internationale
Staatentreffen in Frankreich stattfinden. In seiner derzeitigen Form
ist es Sarkozy zuzutrauen, dass er als Gastgeber die Veranstaltungen
zum Desaster werden läßt.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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