Westdeutsche Zeitung: Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern = von Wolfgang Fischer
Geschrieben am 18-09-2006 |
Düsseldorf (ots) - Es ist das altbekannte Ritual, das die Zentralen der beiden großen Parteien abgeliefert haben: Die Ergebnisse der Landtagswahlen werden rasch analysiert und je nach Belieben interpretiert - frei nach dem Motto, dass man die eigenen Reihen ruhig und die des Gegners unruhig halten möchte. Vor allem Angela Merkel flüchtete sich in ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver: Immerhin habe doch die CDU in Schwerin und Berlin das rot-rote Regierungsmodell politisch zur Strecke gebracht, auch wenn es rechnerisch in beiden Ländern weiterexistieren kann. Die CDU-Chefin will aber nur die Tatsache verbergen, dass ihre Partei das Ziel weit verfehlt hat, in beiden Ländern stärkste Regierungspartei zu werden.
Woran liegt es aber, dass trotz zunehmender Wahlenthaltung und Stärkung der Klein- und Kleinstparteien die Volksparteien nicht über sich und ihre Positionierung nachdenken? Es ist eine schädliche Ignoranz, die da erkennbar wird. Dabei lässt, bedingt durch die Große Koalition im Bund und die enttäuschten Erwartungen, die Bindungskraft der großen Parteien rasant nach. Zudem ist es ein Irrtum zu glauben, es handele sich nur um Protest, wenn etwa die Grauen mit ihrem Einsatz für Senioren in der Hauptstadt immerhin 3,8 Prozent erreichen konnten. Auch die FDP und die Grünen können mit klaren Konzepten aufwarten, die sich bei der Großen Koalition schon längst im Nebulösen verflüchtigt haben.
Die großen Volksparteien reagieren unprofessionell, indem sie die kleinen Parteien belächeln. Gleichzeitig konzentrieren sie sich eher auf Rechtsextreme, die ein Schandfleck für das Land sind - doch deren Treiben man im Osten nicht dadurch eindämmt, dass man sie nur anprangert. Überzeugungsarbeit bei denen, die in Hoffnungslosigkeit verharren, wäre lohnenswerter.
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