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WAZ: Airbus fällt aus allen Wolken - Kommentar von Joachim Rogge

Geschrieben am 04-10-2006

Essen (ots) - Mit atemberaubender Geschwindigkeit verschärft sich
die Krise bei Airbus. Und längst ist die erneut verspätete
Auslieferung des Super-Flugzeugs A 380 nicht das einzige dicke
Problem der europäischen Flugzeugschmiede. Die Entwicklungskosten für
den neuen Langstreckenflieger A 350, der nach massiver Kritik der
Fluggesellschaften von Grund auf neu konzipiert werden muss, haben
sich auf zehn Milliarden Dollar verdoppelt, der A 340 verkauft sich
schlecht. Und der A 320, der Airbus bislang die Butter aufs Brot
bringt, altert rapide.

Baustellen ohne Ende in einem Unternehmen, das eben noch Europas
Stolz verkörperte und Boeing zuletzt noch auf der diesjährigen
Farnborough-Luftfahrtmesse alt aussehen ließ. Umso bitterer der jähe
Absturz. Längst nicht nur technische Probleme rund um die aufwändige
Innenausstattung des A 380 haben den Airbus-Himmel verdunkelt. Drei
Mal in nur anderthalb Jahren hat Airbus auch in Folge interner
heftiger Rankünen den Chefsessel neu besetzen müssen. Und der
aufwändige Fertigungstourismus zwischen Toulouse, Hamburg und den
anderen europäischen Werken befriedigt zwar nationale Eitelkeiten,
ist aber letztlich industrieller Unfug.

Die Airbus-Krise ist tatsächlich hausgemacht, spielt sich ab im
Dreieck von Management, Aktionären und industrieller Fertigung.
Erweiterte drakonische Sparpläne sollen nun die Milliarden-Einbußen,
die die verspätete Auslieferung des A 380 mit sich bringen,
auffangen. Ein naheliegender Schritt, den man geht, wenn es brennt.

Doch ebenso wichtig ist auch ein radikaler Neuzuschnitt der
Unternehmensführung mit ihren deutsch-französischen Doppelköpfen, die
überdies am Gängelband der Politik hängen. Jede Personalie wird hüben
wie drüben zum nationalen Drama aufgebauscht. Im Airbus-Topf rühren
zu viele. Und die scharfen Warnungen aus Deutschland, am Hamburger
Fertigungsstandort nicht zu rütteln, verraten einmal mehr, dass
betriebswirtschaftliche Logik mit Blick auf Airbus noch immer nicht
an vorderster Stelle rangiert. Und ebenso groß ist der Druck aus
Toulouse, bloß nichts abzugeben.

Das peinliche Eingeständnis, die Auslieferung des A 380 zum
dritten Mal verschieben zu müssen, vergrätzt nicht nur Kunden und
beschädigt das Image. Das Unternehmen, das eben noch vor Kraft und
Selbstbewusstsein nicht laufen konnte, ist plötzlich verwundbar. Zum
neuen Goldesel hatte sich der A 380 entwickeln sollen. Doch wie es im
Moment aussieht, kann der Riesenjet Airbus ebenso schnell das Genick
brechen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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