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VG Köln will Klarheit, und reicht Verfahren zum Thema Sportwettenmonopol weiter an den EuGH

Geschrieben am 16-10-2006

Frankfurt am Main (ots) - Das Verwaltungsgericht Köln hat laut
Beschluss vom 21.09.2006 - 1 K 5910/05 - dem Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaft ein Verfahren weitergeleitet, um folgende
Fragen zur Vorabentscheidung eines Verfahrens gegen einen
Sportwettenvermittler in Nordrhein-Westfalen zu klären.

"1. Sind Art. 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass nationale
Regelungen für ein staatliches Sportwettenmonopol, die unzulässige
Beschränkungen der in Art. 43 und 49 EGV garantierten
Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit enthalten, weil
sie nicht entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs
(Entscheidung vom 06.11.2003 - Rs C-243/01 -) in kohärenter und
systematischer Weise zur Begrenzung der Wetttätigkeit beitragen,
trotz des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs unmittelbar geltenden
Gemeinschaftsrechts ausnahmsweise für eine Übergangszeit weiterhin
angewandt werden dürfen?

2. Bei Bejahung der Frage 1: Welche Voraussetzungen gelten für die
Annahme einer Ausnahme vom Anwendungsvorrang und wie ist die
Übergangszeit zu bemessen?"

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) habe in der
Rechtssache Gambelli (Urteil vom 06.11.2003 - Rs. C-243/01 -)
entschieden, dass sich nicht nur der im Ausland ansässige
Wettanbieter, sondern auch der im Inland ansässige Wettvermittler auf
die Dienstleistungsfreiheit berufen könne. Das staatliche
Sportwettenmonopol verstoße in seiner derzeitigen Form, insbesondere
wegen des Werbeverhaltens der staatlichen Wettveranstalter, gegen
Art. 49 EGV. Der EuGH habe - ebenfalls in der Rechtssache Gambelli -
entschieden, dass eine Beschränkung der gemeinschaftsrechtlich
garantierten Dienstleistungsfreiheit durch ein staatliches
Sportwettenmonopol nur in Betracht komme, wenn es kohärent und
systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrage und nicht
die Verbraucher zu derartigen Wetten anreize und ermuntere.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Urteil vom
28.03.2006 zwischenzeitlich entschieden, dass das staatliche
(bayerische) Wettmonopol sowohl tatsächlich als auch nach seiner
rechtlichen Ausgestaltung nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der
Sportwettleidenschaft und der Wettsucht ausgerichtet sei und das
Sportwettenmonopol deshalb für verfassungswidrig erklärt. Für das
nordrhein-westfälische Sportwettenmonopol habe es Entsprechendes
entschieden. Das BVerfG habe ferner betont, dass die Vorgaben des
deutschen Verfassungsrechts denen der Rechtsprechung des EuGH in
Sachen Gambelli entsprächen. Hieraus ergäbe sich zwingend, dass das
staatliche Sportwettenmonopol auch gegen die Dienstleistungsfreiheit
nach Art. 49 EGV verstoße. Aufgrund des Anwendungsvorranges der
unmittelbar geltenden Dienstleistungsfreiheit könne nicht auf die in
der angefochtenen Ordnungsverfügung zugrunde gelegten
Strafrechtsvorschriften bzw. Vorschriften des Sportwettenrechts
zurückgegriffen werden.

Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts greife sofort und
unmittelbar. Insbesondere sei er - anders als das BVerfG begrenzt auf
die deutsche verfassungsrechtliche Problematik und ausdrücklich ohne
Berücksichtigung etwaiger Gemeinschaftsrechtsverletzungen entschieden
habe - keiner Übergangsfrist bis zum 31.12.2007 unterworfen. Soweit
das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in seinem Beschluss vom
28.06.2006 - 4 B 961/06 - eine solche Übergangsfrist für die
Fortgeltung gemeinschaftsrechtswidriger Normen angenommen habe, weil
anderenfalls eine inakzeptable Regelungslücke entstehe, sei dies
rechtlich nicht haltbar. Das Gemeinschaftsrecht kenne keine
Übergangsfristen im Rahmen des Anwendungsvorrangsgrundsatzes, dieser
bestehe vielmehr unbedingt, wie sich insbesondere aus der
Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Simmenthal, Urteil vom
09.03.1978 - Rs. C-106/77 - (Slg. 1978, S. 629) und dem Schlussantrag
des Generalanwalts vom 17.03.2005 in der Rechtssache C-475/03 (Rz.
86, 87) ergebe. Auch habe der EuGH die in der Gambelli-Entscheidung
entwickelten Vorgaben weder ausdrücklich noch stillschweigend mit
einer solchen Übergangsfrist verbunden. Eine Beschränkung für die
Zukunft habe der EuGH hingegen bislang ausgeschlossen. Im Übrigen sei
auch tatsächlich aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht keine
inakzeptable Gesetzeslücke gegeben, die die Annahme einer
Übergangsfrist rechtfertigen könnte.

Der EuGH hat entschieden, Urteil vom 06.11.2003 - Rd. C-243/01 -
(Gambelli), Slg. 2003, S I-13031, Rn. 48 f, 59 f. 65, 72, 75, dass
nationale Regelungen, die strafbewehrte Verbote des Sammelns, der
Annahme und der Übertragung von Sportwetten enthalten, Beschränkungen
der Niederlassungsfreiheit und des Dienstleistungsverkehrs
darstellen, wenn der betreffende Mitgliedstaat keine Genehmigungen
erteilt. Die Beschränkungen müssen aus zwingenden Gründen des
Allgemeininteresses gerechtfertigt sein und geeignet sein, die
Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und
dürfen nicht über das zur Zielerreichung erforderliche Maß
hinausgehen. Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die
derartige Beschränkungen rechtfertigen könnten, gehöre u.a. die
Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen.
Unverhältnismäßig könnten strafrechtliche Sanktionen sein, wenn
staatlich zugelassene nationale Einrichtungen zur Teilnahme an
Sportwetten ermutigen.

Diese Entscheidung des VG Köln ist sehr zu begrüßen, da so - nach
mehreren Vorlagen der "mutigeren" italienischen Gerichte - endlich
auch einmal ein deutsches Gericht dem Europäischen Gerichtshof die
Frage nach der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols deutscher
Prägung mit dem Gemeinschaftsrecht gestellt hat. Erfreulich ist auch,
dass es ein Verwaltungsgericht wagt, sich dem Oberverwaltungsgericht
für das Land Nordrhein-Westfalen entgegenstellt, welches in an
Rechtsbeugung grenzende Weise geltendes europäisches Recht
unangewendet lässt, da ihm das Ergebnis der korrekten Anwendung
dieses Rechts offenbar schlichtweg "nicht passt". Dies ist prägend
für die gesamte Rechtsprechung des entsprechenden Senats, der zuvor
bereits das "Kunststück" fertig gebracht hat, dass in ein und
demselben Verfahren seine Entscheidungen gleich zweimal vom
Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden mussten, da sich der Senat
an das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes ebenso wenig gebunden fühlte, wie heute an die
europäischen Grundfreiheiten.


Tipico Deutschland ist ein Dienstleistungsunternehmen des
internationalen Wettunternehmens Tipico Co. Ltd, 137 Spinola Road,
St. Julians STJ10, Malta


Originaltext: Tipico Deutschland Marketing und Vertriebs GmbH
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Pressekontakt:
Marcus Debus
Tel. 069/ 25 62 278-0
Fax: 069/ 25 62 278 20
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60329 Frankfurt am Main


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