Neues Deutschland: zur Debatte um Unterschicht und "neue" Armut
Geschrieben am 18-10-2006 |
Berlin (ots) - Plötzlich ist eine angeblich »neue« Armut in aller Munde. Die Deutsche Presse-Agentur etwa kündigt für die nächsten Wochen »ressortübergreifende Korrespondentenberichte und Analysen, Hintergründe und Erklärstücke« zum Thema an. Man wird sehen, wer dieses Angebot auch in zwei Wochen noch aufgreift, wenn längst wieder andere Säue durchs Dorf quieken. Die Kennzeichen dieser im Ansatz gar nicht so neuen Armut - Langzeitarbeitslosigkeit oder prekäre Billigjobs, fehlende Rücklagen, kein Wohneigentum, Gefühle von Ohnmacht und Fremdbestimmung - wurden schon vor zig Jahren in unzähligen Uni-Kursen durchexerziert und in meterweise Büchern wiedergekäut. Wer davon wissen wollte, konnte das. Rot-Grün hat 2004 eine »Arbeitsmarktreform« beschlossen, die diese Merkmale systematisch in neue Dimensionen trieb. Wer heute ALG II will, muss sein Erspartes verbraten, jeden noch so schlechten Job annehmen und oft genug sein Haus verkaufen. Die Arbeitsagenturen sind angehalten, sich auf die »leichten Fälle« zu konzentrieren. Die Mittel für Arbeitsförderung werden gekürzt. Trotzdem geht der Heuchlerpreis nicht an Rot-Grün, sondern mit Pauken und Trompeten an die Union. Ihr General Pofalla schiebt das Schlamassel jetzt Schröder in die Schuhe - und wollte seinerzeit doch alles noch viel schärfer. Der letzte Kürzungsvorstoß der Union ist keine Woche alt.
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