(Registrieren)

Westfälische Rundschau: WR-Kommentar zu Rüttgers-Reformplänen

Geschrieben am 14-11-2006

Dortmund (ots) - Von Klaus Schrotthofer

"Manche meinen", schrieb der Dichter Ernst Jandl, "rinks und
lechts kann man nicht velwechsern". Es ist umstritten, ob Jandl das
politisch meinte. Seine Schlussfolgerung freilich gilt für die
Politik allemal: "Werch ein Illtum!"

Die CDU etwa versucht gerade, einen "Linksruck" in Gestalt ihres
Vize-Vorsitzenden Jürgen Rüttgers abzuwehren. Auch die SPD ist
verärgert, weil sie sich von einem Unionspolitiker nicht links
überholen lassen will. Rüttgers hat vorgeschlagen, die Bezugsdauer
des Arbeitslosengeldes von der Dauer der Beitragszahlungen abhängig
zu machen. Ältere Arbeitnehmer, die lange eingezahlt haben, könnten
demnach mit höheren Leistungen rechnen. Dieser Logik folgend müsste
an anderer Stelle gespart werden - bei den Menschen, die noch nicht
so viel beigesteuert haben, also jüngere Arbeitnehmer oder jene, die
oft arbeitslos waren.

Die CDU müsste Rüttgers für diesen Vorschlag bejubeln. Er ist gar
nicht "links", im Gegenteil: Er entspricht dem, was die Partei
zuletzt in Leipzig als ihre Vision des Sozialstaats beschrieben hat:
eine allmähliche Umstellung der staatlichen
Sozialversicherungssysteme auf ein Modell, das sich an der privaten
Versicherung orientiert: Dort erhält jeder nur die Leistung, für die
er selbst durch Beiträge vorgesorgt hat. Dieser Gedanke durchzieht
alle Reformideen der Union - von der Gesundheit bis zur Rente.

Die SPD wehrt sich zurecht gegen diesen schleichenden
Systemwechsel. Er untergräbt die Grundlage staatlicher
Daseinsvorsorge, in der eben gerade die Starken mit den Schwachen
solidarisch sind - und nicht die Schwachen von den noch Schwächeren
nehmen.

Deshalb ist es gar nicht wichtig, wen Jürgen Rüttgers zurzeit
verärgert. Viel wichtiger ist es, zu erkennen, dass es - allen
Vorurteilen zum Trotz und jenseits aller Kampfbegriffe - durchaus
noch grundlegende Unterschiede im politischen Weltbild gibt. Und wenn
einer sich selbstbewusst links platziert, gibt das noch lange keine
Auskunft über seinen politischen Standort - es lohnt sich,
nachzusehen, worauf er sitzt.

Originaltext: Westfälische Rundschau
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58905
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58905.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westfälische Rundschau
Redaktion

Telefon: 0231/9573 1254


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

39757

weitere Artikel:
  • WAZ: Neue Bleiberechtsregelung: Wichtiger Durchbruch - Kommentar von Hendrik Groth Essen (ots) - Lebenslügen sind in aller Munde. Eine bar jeder Rationalität jahrelang von den Konservativen gehätschelte wird nun von der Großen Koalition beerdigt. Ein Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge wird endlich beschlossen. Auch abgelehnte Asylbewerber dürfen demnach in Deutschland arbeiten, sich eine Perspektive erschließen und sich hier integrieren. Das ist ein klarer Politikwechsel, den andere Staaten wie etwa Spanien schon lange umgesetzt haben. Deutschland ist eben ein Einwanderungsland. Die Details der neuen Regelung müssen mehr...

  • WAZ: Anlässlich eines Jahrestages: Unsere Regierung? Wir sind das Problem - Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Nur, weil in diesen Tagen wieder so viele senden und schreiben, die Große Koalition sei Mist, und dabei nicht einmal falsch liegen, weil: wieso sollte eine Regierung gut sein, die niemand wollte, nicht einmal diese Regierung wollte sich doch selbst, nur darum also und wegen des nahen Jahrestages dieser Veranstaltung, einige ungeordnete Gedanken zur Relativierung der übellaunigen Schlechtrechnerei. Gänzlich falsch ist der Eindruck, es werde nicht regiert, und die Regierung gehöre abgelöst, weil, wer auf Steuerzahlerkosten mehr...

  • Westfalenpost: Ruch der Verzweiflung Blair fordert Nahost-Gesamtstrategie Hagen (ots) - Von Eberhard Einhoff Eine spektakuläre Massenentführung, Autobombenanschläge - Irak im November 2006. Doch es spielt nicht einmal mehr eine Rolle, welcher Monat ist: Der tägliche Horror in dem von Saddam Hussein befreiten Land dauert ja bereits Jahre. Dennoch erlaubten sich die Regierungen Bush und Blair bisher den augenwischerischen Luxus, einen Bürgerkrieg im Irak allenfalls als drohende Option zu erwähnen. Offenbar bedurfte es erst der kräftigen Abstrafung der US-Republikaner durch die Wähler, um den Gedanken an eine mehr...

  • Rheinische Post: Scheinvorteil Privatkasse Düsseldorf (ots) - Von Martin Kessler Für junge, karriereorientierte Angestellte ist der Wechsel in eine private Krankenkasse verlockend. Kürzere Wartezeiten beim Arzt, bessere Beratung und Leistungen sowie obendrein sogar noch niedrigere Beiträge. Da wäre man schön dumm, noch länger die Höchstsumme für die gesetzliche Krankenkasse zu zahlen. Doch eine solche Rechnung ist nur eine Momentaufnahme. Denn die steigenden Gesundheitskosten gehen auch an den Privatversicherern nicht vorbei. Und da die Menschen im Alter öfters krank werden, muss mehr...

  • Rheinische Post: Rüttgers' Trockenski Düsseldorf (ots) - Von Detlev Hüwel Jürgen Rüttgers besitzt die für Politiker so wichtige Gabe der Ausdauer. Mit verblüffender Zähigkeit mahnt der NRW-Regierungschef seit Monaten Änderungen beim Bezug von Arbeitslosengeld an. Das mag, wer will, als Teil seiner Profilierungsstrategie betrachten. Tatsache ist: Die CDU hat ihr dürftiges Ergebnis bei der Bundestagswahl 2005 bis heute noch nicht aufgearbeitet. In dieses innerparteiliche Vakuum stieß Rüttgers mit seiner Behauptung, der Wahlkampf sei zu wenig bürgernah gewesen. Und er will mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht