Westdeutsche Zeitung: Grauen hinter Gittern = Von Frank Uferkamp
Geschrieben am 16-11-2006 |
Düsseldorf (ots) - Die grauenhafte Tat in dem Siegburger Gefängnis lässt einen schaudern: Über viele Stunden konnten drei Häftlinge einen jungen Mann bestialisch zu Tode quälen. Drei Mal hatten die Vollzugsbeamten nach Lage der Dinge die Möglichkeit, das Schlimmste zu verhindern. Es geschah nichts. Dieser Vorgang ist unglaublich, er wirft drängende Fragen auf.
Seit vielen Jahren schon sind die Haftanstalten in Nordrhein-Westfalen - und nicht nur dort - hoffnungslos überbelegt. Trotz wortreicher Beteuerungen hat sich an der Situation nur wenig geändert. Werden neue Gefängnisse gebaut, werden dafür alte geschlossen, einen Zugewinn an neuen Plätzen gibt es kaum. Dazu kommt Personalmangel im Vollzug, der unter dem Spardiktat der Landesregierung nicht behoben wird. An dieser schlimmen Lage hat sich auch unter der schwarz-gelben Landesregierung nichts geändert. Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter, als ehemalige Richterin eine intime Kennerin der Zustände, hat gestern eine schwache Vorstellung abgegeben. Vier Tage nach der Tat war sie zunächst nicht in der Lage, wichtige und nahe liegende Fragen zu beantworten. Beim ersten handfesten Skandal in ihrer Amtszeit hat das Krisenmanagement in ihrem Hause versagt. Die CDU-Frau geht schweren Zeiten entgegen.
Natürlich müssen aus dem Fall auch Konsequenzen gezogen werden, juristische und auch personelle. Die Tat von Siegburg muss aber auch Anlass sein für eine schonungslose Analyse über die Lage in den Gefängnissen. Hinter den Gittern gibt es ein Paralleluniversum, über das nur wenige etwas wissen. Das muss sich schnell ändern: Ein Untersuchungsausschuss könnte dazu beitragen, auch die nötigen politischen Konsequenzen zu ziehen. Sie sind bitter nötig.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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