Neues Deutschland: zu den Urteilen des Bundessozialgericht über Hartz IV
Geschrieben am 23-11-2006 |
Berlin (ots) - »Weil du arbeitslos bist, musst du in Armut sowie Demut leben, und deine nahen Angehörigen auch.« So könnte ein gemeinsamer Leitsatz der gestrigen Urteile des Bundessozialgerichts zu fünf Klagen gegen Hartz IV lauten. Die Fälle belegen, dass »Armut per Gesetz« keine Wahlkampfparole, sondern vielfach bittere Wirklichkeit ist: Eine 49-jährige Industriearbeiterin verlor nach einem Bandscheibenvorfall ihre Arbeit. Und durch Hartz IV ihr Arbeitslosengeld. ALG.II stehe ihr nicht zu, urteilten Sozialrichter aller Instanzen. Ihren per Gesetz definierten »Bedarf« könne sie ja mit der Schwerbehindertenrente des Ehemanns und dem Kindergeld für die Tochter decken. Durch Definition von Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaften werden so außer Arbeitslosen auch Berufstätige, Kinder und Rentner zu Armut verurteilt. Per Gesetz wie per Urteils-spruch. Massenhaft. Wer den Schaden hat, braucht in Kassel über Spott nicht zu klagen: Langzeitarbeitslose könnten für die »58er Regelung« Vertrauensschutz nicht reklamieren, weil dem der Gesetzgeber ja mit Hartz IV gerade entgegenwirken wollte, befanden die Bundesrichter. Und dass die Hartz-Regelsätze mit dem materiellen wie soziokulturellen Existenzminimum vereinbar sind, nicht automatisch zu gesellschaftlicher Ausgrenzung führen. Ob man da vielleicht, nur zur Probe, ihr Grundgehalt von 7135,16 Euro auf 345 bzw. 311 Euro kürzen kann?
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