LVZ: Koch und Westerwelle unterstreichen gemeinsam die Vorteile einer bürgerlichen Koalition im Vergleich zur großen Koalition
Geschrieben am 26-11-2006 |
Leipzig (ots) - Zum Auftakt des CDU-Bundesparteitages in Dresden haben der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der in Dresden neu für das Amt des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden kandidiert, und FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle in einem Doppelinterview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) die Vorzüge einer gemeinsamen bürgerlichen Koalition im Vergleich zur großen Koalition hervorgehoben. Koch verwies auf die "Leipziger Reformbeschlüsse" der Union, mit denen sich die CDU "auch auf eine Veränderung auf dem Arbeitsmarkt eingeschworen" habe und auf "eine weitere Absenkung bei der Einkommenssteuer". Diese "entscheidenden Teile eines Reformprogramms der CDU", Koch, könnten am ehesten in einer bürgerlichen Koalition verwirklicht werden.
Westerwelle betonte in dem Interview, wäre es statt zu einer großen Koalition 2005 zu einer Regierung von Union und FDP gekommen, wäre innerhalb eines Jahres eine Art Vier-Punkte-Programm in Angriff genommen worden. "Wir hätten als erstes ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem beschlossen, um mehr Wettbewerb und Arbeitsplätze zu ermöglichen. Wir hätten den Arbeitsmarkt dereguliert. Wir hätten entbürokratisiert und nicht das unsinnige Antidiskriminierungsgesetz unter die Leute gebracht und die sozialen Sicherungssysteme wären zukunftsgerechter reformiert worden."
Koch unterstrich, dass es auch 2009 eine enge Beziehung zwischen Union und FDP geben werde. "Es sollte auch in Deutschland Teil der Politikkultur bleiben, dass - wenn die Entscheidung der Wähler es möglich macht - diejenigen zusammenarbeiten, die die größte Übereinstimmung in ihrer Programmatik haben." Natürlich sei das Maß an Übereinstimmung in den Wahlprogrammen von Union und FDP sehr viel höher, als unsere Schnittmenge mit SPD und Grünen. "Dabei verkenne ich nicht, dass die Fähigkeiten der FDP gelegentlich unterentwickelt sind, sich vorzustellen, was man den sozial Schwachen zumuten kann."
Westerwelle zeigte sich "erfreut" über die klaren Aussagen von Koch. Der habe "völlig recht, wenn er auf gute Erfahrungen mit Regierungen von Union und FDP hinweist", unterstrich der Liberale. "Gemeinsam regieren wir in den Ländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fast die Hälfte der Bundesbürger. Ich kann mir auch vorstellen, dass noch andere gemeinsame Regierungen, beispielsweise in Hessen, dazu kommen."
Aufgabe der Union bei den nächsten Wahlen werde es sein, laut Koch, die Erfolge der großen Koalition ausreichend herauszustellen. Die Leistung bei der Haushaltskonsolidierung werde dabei jeder nächsten Koalition das Leben sehr viel einfacher machen. Dennoch gelte: "Die CDU will mehr." Die Union habe sich nach der Wahl 2005 "in der Verantwortung gesehen, dass es in Deutschland keine Jahre des Stillstands oder gar des Abdriftens der Republik nach links geben darf". Der FDP riet Koch indirekt, politisch sich so zu verhalten, dass die Union wieder erstarke. "Die FDP hätte übrigens auch nichts davon, wenn beide großen Volksparteien so klein wären, dass sie mit keiner von beiden eine Koalition bilden könnte. Also sollte sich die FDP in einer ruhigen Stunde überlegen, dass sie selbst ein großes Interesse am Erstarken der Union haben sollte. Und die Union sollte sich nicht selbst bejammern, jetzt in der großen Koalition zu sein."
Große Koalition habe nichts mit Not zu tun. "Sie ist ein Auftrag der Wähler. Und die sollten wir nicht jeden Tag beschimpfen." Diese Koalition sei mit einer Politik der kleinen Schritte auf einem durchaus erfolgreichen Weg. "Was die Koalition der Zukunft angeht, so werbe ich sehr dafür, dass die Union so stark wird, dass man nicht über Dreier-Konstellationen reden muss", meinte Koch mit Verweis auf die in der Diskussion befindliche "Jamaika"-Koalition aus Union, FDP und Grünen.
Unter Hinweis auf die strittige Debatte um eine altersabhängige verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I unterstützte Westerwelle die auch vom Bundespräsidenten eingenommene kritische Position, wonach im jetzigen System der Sozialversicherungen die Arbeitslosenversicherung eher eine Risikoversicherung und kein Ansparbuch sei. "Dass in einem anderen System der Gedanke, dass sich langjähriges Einzahlen lohnt, eine Debatte wert ist, will ich aber nicht verschweigen."
Der CDU-Politiker verwies darauf, dass er vom Parteitag der Union keine große emotionale Welle zugunsten der von Jürgen Rüttgers entfachten Gerechtigkeits-Debatte erwarte. "Angesichts der Vorgeschichte erwarte ich nicht, dass dieser Antrag auf dem Parteitag die Gefühlswelt der Union über Gebühr in Wallung versetzen wird." Grundsätzlich wolle die Union aber dafür sorgen, dass die Freiheit des Einzelnen das zentrale Gestaltungselement einer modernen Gesellschaft sei. "Daraus leiten sich Gerechtigkeit und Solidarität ab. Bereitschaft zu mehr Wohlstand und Sicherheit bedeutet aber auch die Bereitschaft zur individuellen Übernahme von mehr Risiken. Das zu vermitteln, ist uns vielleicht nicht immer ausreichend genug gelungen", so Koch.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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