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LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Prozess gegen Christen in Afghanistan

Geschrieben am 22-03-2006

Leipzig (ots) - Die Religionsfreiheit ist keine Erfindung
westlicher Demokratie-Anbeter sondern klipp und klar
festgeschriebenes Menschenrecht. 1948 wurde im Artikel 18 der
UN-Menschenrechtserklärung verankert, dass jedem das Recht zusteht,
sich frei zu einer Religion zu bekennen und diese auch auszuüben.
Dazu gehört im Übrigen auch ausdrücklich die negative
Glaubensfreiheit, nämlich überhaupt keinen Glauben zu haben. Wenn
jetzt - wie im Fall des afghanischen Staatsbürgers Abdul Rahman - der
Wechsel vom Islam zum Christentum zum Anlass genommen wird, dem
Konvertiten mit dem Todesurteil zu drohen, dann zeugt das vor allem
von der Intoleranz religiöser Fanatiker.
Übertritte von einer Konfession zur anderen sind historisch
betrachtet nichts Neues. Als prominente Konvertiten der letzten
Jahrzehnte sind die Boxerlegende Muhammed Ali und der Rock-Poet Cat
Stevens in die Geschichtsbücher eingegangen. Beide wechselten vom
Christentum zum Islam.Beide mussten sich - genauso wie tausende
konvertierte Deutsche - nicht vor einem religiös aufgeheizten
Tribunal verantworten oder hatten gar die Todesstrafe zu befürchten.
Im umgekehrten Fall haben Renegaten - siehe Abdul Rahman - dagegen
noch immer mit Verfolgung zu rechnen.
Die mit tödlicher Inbrunst geführte Anklage gegen den afghanischen
Christen reiht sich ein in die unheilvolle Kette islamistischer
Dogmen. Andersdenkende und Andersgläubige werden weltweit an den
Pranger gestellt. Gezielt gesteuerte Proteste gegen die dänischen
Mohammed-Karikaturen und in diesem Zusammenhang auch gegen die
Pressefreiheit in Europa zeigen, dass religiöse Hardliner im Namen
des angeblich reinen und edlen Islam Gewalt als letztes Mittel
weiterhin nicht ausschließen. Ein gefährliches Potenzial, vor dem
sich der überwiegende Teil der Muslime, die an einem friedlichen und
toleranten Zusammenleben der Kulturen ehrlich interessiert sind,
distanzieren sollte. Die Ablehnung der Todesstrafe für den
Konvertiten Rahman durch den Zentralrat der Muslime in Deutschland
ist in diesem Zusammenhang ein ermutigendes Zeichen.
Ob die nun einsetzende Protestwelle auch von Seiten der
Bundesregierung Erfolg haben wird, ist allerdings zweifelhaft. Die
2004 vom Westen als demokratisch und fortschrittlich gefeierte
afghanische Verfassung, hat gleich mehrere Haken. So wurde die
Scharia als Grundlage des Rechtssystems akzeptiert und die Justiz ist
- ganz nach westlichem Vorbild - unabhängig. Der Einfluss von
Präsident Karsai auf den Fall ist damit eher marginal, Appelle an ihn
gehen ins Leere.
Wenig hilfreich sind auch Forderungen, die Bundeswehr vom Hindukusch
abzuziehen und ein von der Taliban-Barbarei gezeichnetes Volk sich
selbst zu überlassen. Der mühsame Prozess der Demokratisierung
Afghanistans wäre damit definitiv zu Ende, der Triumph der religiösen
Eiferer perfekt. Das kann niemand wollen. Statt emotionaler
Schnellschüsse sollte deshalb unaufgeregt nach einer diplomatischen
Lösung gesucht werden.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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