Der Tagesspiegel: Aufklärung bei Siemens könnte Monate dauern
Geschrieben am 16-12-2006 |
Berlin (ots) - Der Korruptionsexperte Michael J. Hershman geht von langwierigen Untersuchungen in der Affäre um schwarze Kassen bei Siemens aus. "Wir wissen noch gar nicht, wer hier Täter und wer Opfer ist", sagte Hershman im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Er könne "im Moment nicht einmal sagen, welche kriminellen Delikte begangen wurden". Er weiß nur, dass Siemens selbst 420 Millionen Euro in den Bilanzen als zweifelhaft erachtet. "Wochen, vielleicht sogar Monate" könne es dauern, bis er sich einen Überblick über Fakten und Unterlagen verschafft habe. Das bedeute aber nicht, dass er sich so lange nicht öffentlich äußern wolle. "Ich will nur nicht spekulieren. Wenn ich bei meinen Untersuchungen auf Schwachstellen bei Siemens stoße, werde ich umgehend Empfehlungen abgeben, wie die sich beheben lassen, und nicht bis zum Schlussbericht warten."
Den Auftrag zur Durchleuchtung der Siemens-Affäre habe er angenommen, weil die Konzernführung entschlossen sei, alle Missetäter zu finden und zur Verantwortung zu ziehen. "Wir haben uns in die Augen geschaut, und ich hatte den Eindruck, sie meinen es ernst", sagte Hershman dem Tagesspiegel. "Auch da habe ich einige Erfahrung." Zur Frage, ob es denn andere Erklärungen als die Annahme gäbe, die verdächtigen Millionen seien als Schmiergelder zur Akquise einträglicher Großaufträge gezahlt worden, sagte Hershman: "Ich habe Fälle gesehen, wo Angestellte behaupteten, sie hätten schwarze Kassen angelegt, um an Aufträge zu kommen. Tatsächlich hatten sie sich selbst bereichert und die Gelder auf eigene Konten gelegt." Und noch eines gibt ihm zu denken. "420 Millionen Euro? Die Summe klingt sehr hoch. Es ist unwahrscheinlich, dass so viel Geld allein in Bestechung floss, um Aufträge an Land zu ziehen", sagte Hershman. Dies wolle er aber nur als allgemeine Bemerkung verstanden wissen, nicht als Kommentar zum Fall Siemens.
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