LVZ: Leipziger Volkszeitung zu EU-Frühjahrsgipfel
Geschrieben am 24-03-2006 |
Leipzig (ots) - Die Energiepolitik war für den EU-Frühjahrsgipfel ein Verlegenheitsthema. Seit die europäische Verfassung auf Eis liegt und die weitere Vertiefung der Gemeinschaft vorerst gestoppt ist, verharrt Europa ängstlich im politischen Stillstand. Die EU-Kommission ist gehalten, die Produktion neuer Richtlinien herunterzufahren und stattdessen endlich, wie schon vielfach zugesagt, Bürokratie abzubauen. Es gilt, die europamüden Bürger nicht weiter zu verschrecken. Die meisten Regierungen begeben sich derweil auf den Rückzug in den heimelig erscheinenden Schutzraum des Nationalen. Allenfalls unverbindliche Brüsseler Zielmarken zur Wirtschaftsförderung wollen sich die meisten Mitgliedsländer noch aufzwingen lassen. Der Lissabon-Prozess, Europas einst gefeierter Fahrplan zu mehr Wettbewerbsfähigkeit, ist längst zur Leerformel verkommen. Europäische Leitprojekte? Die sind weit und breit nicht in Sicht. So lange die geografischen Grenzen und das institutionelle Gerüst der Europäischen Union unklar sind, kann sich wenig entwickeln. Belastend wirkt zudem die politische Ungewissheit in Frankreich, einem zentralen Spieler der Union. Vor den dortigen Präsidentschaftswahlen im kommenden Sommer dürfte es schwer werden, die EU voran zu bringen. Die Diskussion über die Energiepolitik füllte deshalb in erster Li-nie ein inhaltliches Vakuum. Das Thema eignete sich, um den in Vergessenheit geratenen Wert der erweiterten EU in Erinnerung zu rufen. In der Auseinandersetzung mit mächtigen Rohstofflieferanten wie Russland können die Europäer nur selbstbewusst gemeinsam auftreten, wenn sie sich einig sind. In Konkurrenz zu aufstrebenden Industriegiganten in Südostasien wie China und Indien haben sie künftig nur noch etwas zu bestellen, wenn sie sich im Wortsinn wieder als Europäische Union präsentieren. Dennoch darf es niemanden überraschen, dass die Regierungen nicht umgehend freudig eine weitere nationale Kompetenz komplett an die EU-Kommission abtreten wollen. Brüssel soll in der Energiepolitik weiterhin nur Umwelt- und Wettbewerbsfragen regulieren dürfen. Merkels vorsichtiges EU-Motto "Koordinieren statt Zentralisieren" entspricht der aktuellen Gemütslage in den Hauptstädten. Längst wird nicht mehr nur an Stammtischen geklagt: "Die, die wir gewählt haben, haben nichts mehr zu sagen. Und die, die etwas zu sagen haben, haben wir nicht gewählt." Doch auch ohne konkrete Ergebnisse muss die Energiedebatte dieses Frühjahrsgipfels nicht vergebens gewesen sein. Sie kann sich zur Debatte über einen notwendigen neuen Gemeinschaftsgeist in der Europäischen Union entwickeln. Erst kommt die Diagnose, dann die Therapie.
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