Südwest Presse: Kommentar: Filbinger
Geschrieben am 12-04-2007 |
Ulm (ots) - "Über Tote rede nichts außer Gutem", lautet ein lateinisches Sprichwort. Im Fall des verstorbenen Hans Filbinger scheint das nicht zu gelten. Die Worte von Ministerpräsident Günther Oettinger, Filbinger sei kein Nazi gewesen und habe als Marinerichter auch niemand zu Tode gebracht, haben eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Und dies, obwohl das nicht falsch war. Lässt man einmal Schriftsteller Rolf Hochhuth beiseite, der offenbar nicht mehr genau weiß, mit welchen Fakten er Filbinger seinerzeit zu Fall gebracht hat, so hat sich Erhard Eppler völlig richtig verhalten. Der frühere SPD-Landesvorsitzende kommentierte, Filbinger sei zwar kein Nazi gewesen, aber auch kein Widerstandskämpfer. Als solchen hatte sich der frühere Regierungschef jedoch ständig ausgegeben, bevor ihn 1978 die bittere Wahrheit eingeholt hat. Die Frage, warum der Fall über den Tod hinaus die Kritiker in Aufregung versetzt hat, lässt sich wohl nur mit Filbingers Verhalten nach seinem Rücktritt erklären. Denn er musste nicht zurücktreten, weil er als Marinerichter in den Konflikt mit Hitlers Wehrmachtsjustiz geraten war. Vielmehr hat er sein "pathologisch gutes Gewissen", wie Eppler damals formulierte, auch noch gepflegt, als er politisch darüber längst gestolpert war. Deshalb hat Oettingers Ansprache beschönigt, nicht wegen der Vergangenheit, sondern der Gegenwart.
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