WAZ: Schäuble will Gesetze verschärfen: Eine Republik unter Generalverdacht - Leitartikel von Angela Gareis
Geschrieben am 12-04-2007 |
Essen (ots) - Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität scheint die Republik allmählich unter Generalverdacht zu geraten. Wolfgang Schäuble versucht beharrlich, sein Misstrauen gegenüber allen Bürgern auf den Staat zu übertragen. Zwar wird ihm die Verschärfung von Gesetzen nicht im gewünschten Ausmaß gelingen, aber man sollte sich die Vorstellungen des Innenministers in der Summe vor Augen führen, um den Punkt zu ahnen, an dem die Bevölkerung das Misstrauen des Staates erwidert.
Wenn die Polizei jederzeit auf die digitalisierten Fotos der neuen biometrischen Pässe zugreifen kann und die Fingerabdrücke in den Meldebehörden gespeichert werden, beginnt die systematische Erfassung aller Bürger. Die heimliche Durchsuchung von Computern hält Schäuble für ebenso notwendig wie das Abhören intimer Telefongespräche. Die Mautdaten, die bislang der Abrechnung im Lkw-Verkehr dienen, möchte Schäuble der Strafverfolgung und Vorbeugung zur Verfügung stellen. Sollte die Maut auch für Pkw eingeführt werden, darf man die Straßen für gut kontrolliert halten. Die Videoüberwachung in Städten wird bereits erfolgreich erprobt.
Das Sicherheitsrisiko unüberwachter Sonntagsspaziergänge wird bislang nicht als relevant eingestuft, aber das könnte sich ändern, wenn nicht an einer bestimmten Stelle gesagt wird: Hier ist Schluss. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen eine schützende Grenze um die informationelle Selbstbestimmung gezogen. Die Art und Weise, in der sich Schäuble über die Grenze hinwegsetzt, offenbart ein beängstigendes Sicherheitsverständnis, das sich auch in den Plänen zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren und dem Abschuss entführter Flugzeuge ausdrückt.
Der Innenminister vermittelt nicht nur den Eindruck, dass es um die Sicherheit im Lande ziemlich schlecht bestellt sei, sondern auch den Glauben, dass allumfassende Sicherheit möglich sei, wenn nur die Bürgerrechte ordentlich eingeschränkt würden.
Beides ist falsch. Die Bundesrepublik ist auch in Zeiten des Terrorismus ein relativ sicheres Gelände, auf dem nicht jeden Tag der hoffentlich nie eintretende Ernstfall geprobt werden muss. Und hundertprozentige Sicherheit kann es nie geben.
Weil SPD und Opposition sich gegen die massiven Eingriffe wehren, darf man immerhin eine Debatte erwarten, in der nicht das technisch Machbare im Mittelpunkt steht, sondern die Abwägung des Nützlichen gegen das Vertretbare.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: (0201) 804-8975 zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
64603
weitere Artikel:
- Westfalenpost: Datenschutz-Reflex Gegen den Griff zu den Passfotos Hagen (ots) - Von Peter Tendler Fast wöchentlich zaubert Innenminister Schäuble einen neuen Plan hervor, der die Sicherheit des Landes und ihrer Bürger verbessern soll. Und es ist kaum mehr als ein Reflex, den unsere Datenschützer zeigen, wenn sie den Überwachungsstaat an die Wand malen und alle Freiheit in Deutschland untergehen sehen. Dabei wären es manche Pläne schon wert, genau hinzusehen und möglichen Nutzen gegen Schaden abzuwägen. Das gilt auch für den Plan, der Polizei einen automatischen Zugriff auf die Fotos und Daten in mehr...
- LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Oettinger-Rede Leipzig (ots) - Lasst die Toten ruhen, sagt das Sprichwort. Im Fall des verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Hans Filbinger ist die Totenruhe empfindlich gestört. Selbst viele CDU-Parteifreunde dürften ihren Ohren kaum getraut haben, als der Stuttgarter Regierungschef Oettinger den NS-Marinerichter posthum zum Hitler-Gegner verklärte. Filbinger in einer Reihe mit Bonhoeffer, Stauffenberg und den Geschwistern Scholl - nicht einmal schwäbische Cleverness reicht aus, sich diese neu zusammengesetzte Widerstandsgalerie ernsthaft vorzustellen. mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu Oettinger/Filbinger Stuttgart (ots) - Hans Filbinger ist begraben. Sein Name aber sorgt weiter für Gesprächsstoff. Ministerpräsident Günther Oettinger, sonst ein Feind klarer Positionierung, wollte mit seinen Äußerungen zu Filbingers NS-Vergangenheit offenbar einen Schlussstrich ziehen - und hat stattdessen neuen Streit angezettelt. Welche Motivation trieb Oettinger an, sich derart polarisierend zu positionieren? Vieles deutet darauf hin, dass er den rechten CDU-Rand bedienen wollte und deshalb das Manuskript seines Redenschreibers nicht korrigieren wollte. mehr...
- Lausitzer Rundschau: Oettingers Trauerrede für Filbinger: Was damals rechtens war. . . Cottbus (ots) - Hans Filbinger ein Landesvater im besten Sinn, wie ihn der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger nannte? Oder war er, wie es der Schriftsteller Rolf Hochhuth vor fast 30 Jahren formulierte, ein sadistischer Nazi? Die Frage hatte damals, Ende der 70er-Jahre, in der Bundesrepublik zu einer heißen Debatte geführt, die auch von der DDR ausgeschlachtet wurde. Filbingers Satz: Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein sorgte für Diskussionsstoff in West und Ost und führte letzten Endes zu Filbingers mehr...
- Lausitzer Rundschau: Wirbel um erleichterten Passbild-Zugriff: Im Sicherheitswahn Cottbus (ots) - Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts befürchten. So argumentieren jene, denen die Gesetze zur inneren Sicherheit nicht scharf genug sein können. Und irgendwie klingt der Satz ja auch plausibel. Sonst wäre die ganze Aufregung über den erleichterten Zugriff auf digitale Passbilder durch die Sicherheitsbehörden wohl nicht erst jetzt hoch gekocht. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren läuft immerhin schon seit vier Monaten im Berliner Parlament. Für eine Umkehr bleibt trotzdem noch Zeit. Wünschenswert ist sie mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|