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LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Oettinger-Rede

Geschrieben am 12-04-2007

Leipzig (ots) - Lasst die Toten ruhen, sagt das Sprichwort. Im
Fall des verstorbenen früheren Ministerpräsidenten Hans Filbinger ist
die Totenruhe empfindlich gestört. Selbst viele CDU-Parteifreunde
dürften ihren Ohren kaum getraut haben, als der Stuttgarter
Regierungschef Oettinger den NS-Marinerichter posthum zum
Hitler-Gegner verklärte. Filbinger in einer Reihe mit Bonhoeffer,
Stauffenberg und den Geschwistern Scholl - nicht einmal schwäbische
Cleverness reicht aus, sich diese neu zusammengesetzte
Widerstandsgalerie ernsthaft vorzustellen.

Nun muss Schnellredner Oettinger zugute gehalten werden, dass er
um eine gerechte Würdigung des durchaus verehrten, erfolgreichen und
dann so bitter verschmähten Landesvaters bemüht war. Doch wie häufig
in seiner politischen Laufbahn ist Häuptling Flotte Zunge übers Ziel
hinausgeschossen. Bisher blieb es bei ein paar Schrammen, wenn
Oettinger die Frauen-Union als Krampfaderngeschwader verunglimpfte
oder alle Motorradfahrer aus Sicherheitsgründen von der Straße
verbannen wollte. Diesmal könnten tiefere Wunden bleiben. Denn
Filbinger trägt nach Aktenlage eine Mitverantwortung im Dritten
Reich. Daran ändert Oettingers Persilschein nichts. Auch wenn über
die Schwere von Filbingers Schuld gestritten werden kann: Aus dem
uneinsichtigen Juristen, der an Todesurteilen gegen Deserteure
zumindest beteiligt war, wird nie und nimmer ein Opferlamm.

Bleibt die Frage nach dem Sinn des Geschichtsunterrichts à la
Oettinger. Der lange belächelte Prinz Charles der Union, der seinen
sesshaften Vorgänger Erwin Teufel mühsam aus dem Amt drängte, sucht
noch seinen Platz in der Bundes-CDU. Der verwaiste konservative
Flügel mag für den Strebsamen ein reizvolles Sprungbrett sein. Ob
seine Filbinger-Rede die passende Bewerbung dafür war, darf dennoch
bezweifelt werden. Noch heißt konservare bewahren - und nicht
anbiedern.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
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Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
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Telefon: 0341/218 11558


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