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WAZ: Deutsche Bank stellt Rentner ein: Generation abgeschoben - Leitartikel von Wolfgang Pott

Geschrieben am 02-05-2007

Essen (ots) - Es hat Geschmäckle, wenn die Deutsche Bank Rentner
ohne Bezahlung beschäftigt, um ihre eigenen Geschäfte voranzubringen.
Ohne die guten Kontakte der früheren Direktoren zur reichen
Privatkundschaft will und kann Deutschlands größtes Geldinstitut
nicht auskommen. Dieser Fall macht zwei Phänomene sichtbar.

Zum einen ein internes: Die Deutsche Bank hat mit fragwürdigen
Strukturreformen ihre treuen Privatkunden verprellt. Die weniger
Reichen sowieso, die Millionäre aber auch. Die wanderten zunehmend
ab, zu Privatbanken, die das Geschäft mit gut Betuchten eh besser
verstehen. Um diesen Trend zu stoppen, werden die Alten herangezogen.
Verdiente Ruheständler, die sich noch gebauchpinselt fühlen, weil die
global agierende Deutsche Bank auf ihre Dienste in einer
vernachlässigten Sparte nicht verzichten mag.

Der aktuelle Fall steht aber vor allem exemplarisch für ein
übergreifendes Missverständnis der deutschen Wirtschaft. Jahrelang
haben die großen Konzerne zu sehr auf den Nachwuchs gesetzt und die
ältere arbeitende Bevölkerung ins Abseits gestellt. Die "Generation
Golf" ersetzte die "Generation abgeschoben". Argumente waren schnell
gefunden: Zu langsam, zu unflexibel und vor allem zu teuer seien die
Alten.

Die Manager glaubten, neue Mitarbeiter dürften nicht älter als 45
Jahre sein. Um die Kosten zu senken, um kurzfristige Renditeziele zu
erfüllen, mussten die älteren Kollegen als erste gehen, in die
Altersteilzeit oder in die Frührente. Dass sich dadurch die
Lebensarbeitszeit verkürzte und das Defizit in den Rentenkassen
erhöhte, wurde bewusst einkalkuliert und spielte nur eine
untergeordnete Rolle.

Allein im Ruhrgebiet gab es dafür zahlreiche Beispiele. Der
Essener Energiekonzern RWE etwa hat einst auf Kosten der Sozialkassen
die Frührente mit 51 Jahren und 80 Prozent Lohnausgleich eingeführt.
Vorruhestandsprogramme gab es auch beim Handelsunternehmen
Karstadt-Quelle oder beim Stahlkonzern Thyssen-Krupp.

Deutsche Unternehmen haben mit der Abschiebung erfahrener
Arbeitskräfte einen fatalen Fehler begangen. Jugend allein kann es
nicht richten. Auf den gesunden Mix kommt es an. Dass ältere
Mitarbeiter weniger Ballast sind, sondern Mehrwert bieten, hat die
Politik inzwischen erkannt und Programme zur Wiedereingliederung in
den Arbeitsmarkt aufgelegt. Die laufen aber nur langsam an. Zu sehr
ist der Ruf der "Generation abgeschoben" beschädigt.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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